Verfahrens-Einstellung

Benachrichtigung des Beschuldigten von der Einstellung des Verfahrens der Staatsanwaltschaft Feldkirch vom 25.6.2018

Strafsache gegen: Beschuldigter Gottfried Winkel wegen § 310 StGB

„Die Staatsanwaltschaft hat folgendes gegen Sie geführte Ermittlungsverfahren eingestellt: Anzeige durch Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 17.6.2018

Das Ermittlungsverfahren gegen Gottfried Winkel wegen des Verdachts des Vergehens der Verletzung des Amtsgeheimnisses nach § 310 StGB wird gemäß § 190 Z 1 StPO eingestellt. Laut der Sachverhaltsdarstellung der Bezirkshauptmannschaft Bregenz erfolgte die Unterfertigung des Vertrags zum Kauf des „Krone-Areals“ seitens der Marktgemeinde Bezau am 21.09.2015, wobei ein Optionsrecht beansprucht wurde. Es ist davon auszugehen, dass die Abrufbarkeit des Kaufpreises auf der Homepage von Gottfried Winkel am 17.11.2015 zur Verletzung konkreter Interessen der Marktgemeinde Bezau nicht geeignet war.“

Damit sollte sich der Bürgermeister der Marktgemeinde Bezau ernsthaft und schleunigst um einen „Kümmerer“ für seine Nachfolge bemühen!

Und so kam es zu dieser Strafsache:

1. Schreiben vom 12.4.2018
2. Schreiben vom 19.6.2018, siehe unten:

(Anmerkung: Änderungen zum 2. Schreiben fett markiert)

Bezirkshauptmannschaft Bregenz

Marktgemeinde Bezau
z.H. des Bürgermeisters
Platz 375
6870 Bezau

E-Mail: gemeinde@bezau.cnv.at

Auskunft:
Mag. Rainer Honsig-ErlenburgT +43 5574 4951 52050
Zahl: BHBR-I-3100.04-1/2018-3

Bregenz, am 12.04.2018

Betreff: Gottfried Winkel, Gemeinde Bezau, Verletzung der Verschwiegenheitspflicht, Kauf des „Krone-Areals“

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

in der ggst. Angelegenheit führt die Bezirkshauptmannschaft Bregenz als Aufsichtsbehörde Folgendes aus:

Sachverhalt

Bürgermeister Gerhard Steurer ersucht die Aufsichtsbehörde um Prüfung einer etwaigen Verletzung der Verschwiegenheitspflicht durch den Gemeindevertreter Gottfried Winkel.

Er sehe aufgrund des nachstehenden Sachverhaltes einen schweren Verstoß der Verschwiegenheitspflicht des Gemeindevertreters Gottfried Winkel.

 Der Gemeindevertreter Johannes Batlogg habe im Rahmen der 5. Sitzung der Gemeindevertretung am 24.08.2015 den Antrag gestellt, dass bei Tagesordnungspunkt 3 des nichtöffentlichen Teiles nicht nur die Beratung, sondern auch die Beschlussfassung vertraulich behandelt werde, um die Verhandlungsposition der Marktgemeinde Bezau nicht zu gefährden.

Der Tagesordnungspunk 3 der Niederschrift des nicht öffentlichen Teiles der 5. Sitzung der Gemeindevertretung lautet auszugsweise:

„3. Beratung und Beschlussfassung Optionsübernahme und –ausübung GST-NR .189/1 und 477, KG Bezau

Die Marktgemeinde Bezau hat die Möglichkeit auf die Option zum Kauf des „Krone-Areals“. 

(…)

Der Vorsitzende erläutert den Sachverhalt anhand der Planunterlagen:

1. Der gelb markierte Grund mit 2.170 m² befindet sich im Eigentum der Marktgemeinde

2. Der blau markierte Grund mit 2.631 m², sowie das GST-NR .189 (Krone) mit 568 m² soll erworben werden

3. Durch den Kauf könnte die Marktgemeinde eine verfügbare Fläche im Ortszentrum von insgesamt 4.801 m² plus das „Kronegrundstück“ mit 568 m² sichern

4. Eine mögliche Verwertung könnte durch die Gemeinde entschieden werden

5. Derzeit besteht eine Widmung für 967 m² im Zentrum, 686 m²am Greben

6. Das im Besitz der Marktgemeinde angrenzende Grundstück erhält dadurch eine große Aufwertung, da der schmale Streifen alleine nicht bebaut werden könnte.

7. Mögliche Umsetzung eines verkehrsfreien Dorfplatzes infolge einer neuen Zufahrtsmöglichkeit

8. Entwicklung und Nutzung der Krone kann seitens der Gemeinde gesteuert werden

9. Bei Entscheidung für den Kauf bzw die Übernahme des Optionsrechtes durch die Gemeinde muss dies noch vom Verlassenschaftsgericht genehmigt werden – dh kein finanzielles Risiko, sollte dies nicht genehmigt werden

10. Die Finanzierung kann überwiegend durch den Überschuss des Jahres 2014 gedeckt werden.

11. LEADER-Projekt kann mit allen Teilobjekten im Besitz der Gemeinde erstellt werden – Johannes Batlogg geht auf das LEADER-Projekt ein, dass das „Krone-Areal“ ein Teil des Projektes darstelle und bei der Gesamtbetrachtung des Ortskerns eine wichtige Rolle spiele – das Projekt wurde auf sämtliche Immobilien der Marktgemeinde ausgeweitet 

(…)

Die Gemeindevertretung vertritt die allgemeine Meinung, dass ein Kauf als große Chance betrachtet werden und genützt werden müsse. Durch alleinigen Kauf durch die Marktgemeinde erhalte die Marktgemeinde Entscheidungsfreiheit zur Bebauung inmitten des Ortszentrums. Sollte die Option auslaufen, steige die Ungewissheit. Für die Gemeinde bestünde beim Kauf überhaupt kein Risiko. 

Bgm Gerhard Steurer stellt den Antrag unter der aufschiebenden Bedingung eines rechtswirksamen Zustandekommens eines Kaufvertrages über die GST-NR .189/1 und GST-NR 477, KG Bezau, die genannten Liegenschaften laut Optionsvertrag vom 30.06.2014 zum Preis von € 510.000,00 zu erwerben. Für den Erwerb des Optionsrechts und den dafür erbrachten Leistungen laut Rechnung-Nr AT15013 vom 13.08.2015 ist an die Architektengemeinschaft „firm“ ein Betrag von € 90.000,00 zuzüglich Mehrwertsteuer zu entrichten.

Der Antrag wird einstimmig angenommen.

(…)“ 

In der 8. Gemeindevertretungssitzung am 16.11.2015 sei unter Punkt 4 ein Nachtragsvoranschlag beschlossen worden, bei dem unter anderem eine Darlehnsaufnahme für „Grundstückskäufe“ einstimmig beschlossen wurde.

Der Tagesordnungspunkt 4 des Protokolls der 8. Sitzung der Gemeindevertretung lautet auszugsweise: 

„4. Beschlussfassung Nachtragsvoranschlag 2015

Der 1. Nachtragsvoranschlag 2015 sowie die Stellungnahme des Gemeindevorstandes wurden den Gemeindevertretern bereits zugeschickt. Die einzelnen Positionen des Nachtragsvoranschlages werden vom Vorsitzenden verlesen und vom Gemeindekassier erläutert. 

Der Nachtragsvoranschlage ist notwendig, da zum einen bei einzelnen Ansätzen mehr Mehrausgaben notwendig sind. Zum anderen soll noch für das Jahr 2015 ein Budget für geplante Grundstückskäufe samt Nebenkosten vorgesehen werden.

(…) 

Bgm. Gerhard Steurer stellt den Antrag, den 1. Nachtragsvoranschlag in vorliegender Form zu genehmigen.

Der Antrag wird einstimmig angenommen.“

Am 17.11.2015 sei auf der Homepage von Gottfried und Hilde Winkel unter Punkt 4 folgender Text zu lesen gewesen: „Kauf ehemaliges Gasthaus Krone (€ 618.000.!!)“ Der Name des Kaufobjektes sei jedoch in der 8. Gemeindevertretungssitzung am 16.11.2015 vom Vorsitzenden nicht erwähnt worden. 

Auf der Homepage von Gottfried Winkel war auf seiner Homepage auszugsweise zu lesen:

„Kurzbericht von der 8. Sitzung der Gemeindevertretung Bezau am 16.11.2015 

(…)

4. Beschlussfassung Nachtragsvoranschlag 2015 

(…)

Kauf ehemaliges Gasthaus Krone (Euro 618.000!!) 

(…).“

Der Vertrag hinsichtlich des Kaufes des „Krone-Areals“ wurde am 21.09.2015 vom Bürgermeister und Vizebürgermeister sowie am 02.12.2015 durch die Verlassenschaftskuratorin Weitert unterzeichnet.

Rechtliche Beurteilung

§ 46 des Vorarlberger Gemeindegesetzes (in weiterer Folge GG genannt) lautet auszugsweise: 

(1) Die Sitzungen der Gemeindevertretung sind öffentlich. (…)

(2) Der Bürgermeister kann bei Festsetzung der Tagesordnung Gegenstände ausnahmsweise in eine nichtöffentliche Sitzung verwiesen, wenn die Geheimhaltung der Beratung oder Beschlussfassung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist oder eine freie Beratung oder Beschlussfassung sonst nicht gewährleistet erscheint. (…)

(3) Die Öffentlichkeit kann auch durch die Gemeindevertretung ausnahmsweise ausgeschlossen werden, wenn es sich um Angelegenheiten der im Abs. 2 bezeichneten Art handelt.

(4) (…)

(5) (…)

(6) Bei nichtöffentlichen Sitzungen ist die Beratung vertraulich. Die Gemeindevertretung kann außerdem die Vertraulichkeit der Beschlussfassung beschließen.

Bei der Gemeindevertretungssitzung am 24.08.2015 waren sowohl die Beratung als auch die Beschlussfassung des Tagesordnungspunktes 3 „Beratung und Beschlussfassung Optionsübernahme und –ausübung GST-NR – 189/1 und 477 KG Bezau“ vertraulich iSd § 46 Abs 6 GG. Grund der Vertraulichkeit war die Wahrung der Verhandlungsposition bei einem allfälligen Grundstückskauf des „Krone Areals“. 

Gemäß § 29 Abs. 1 GG sind der Bürgermeister und die Mitglieder der im § 26 Abs. 1 genannten Kollegialorgane zur Verschwiegenheit über alle Tatsachen verpflichtet, die ihnen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt geworden sind und deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist.

§ 29 GG ist demnach auf alle mit den Aufgaben der Gemeindeverwaltung betrauten Organe wie gewählte Funktionsträger und somit auch für Gemeindevertreter anwendbar. Diese Bestimmung im GG steht in Sinnzusammenhang mit Art 20 Abs 3 B-VG (Amtsverschwiegenheit), bei welcher grundsätzlich eine Interessensabwägung geboten ist.

Die Verletzung der Amtsverschwiegenheit unterliegt grundsätzlich § 310 StGB (Verletzung des Amtsgeheimnisses) und – soweit keine Ordnungsstrafe gemäß § 88 Abs 1 GG verhängt wurde – auch § 99 Abs 1 lit e GG. § 99 Abs 1 lit e GG (wie im Übrigen auch lit f, Verletzung der Vertraulichkeit) steht in stillschweigender Subsidiarität und damit in Scheinkonkurrenz zu § 310 StGB, weshalb im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation soweit als möglich eine drohende Doppelbestrafung auszuschließen und iSd § 30 Abs 2 VStG vorzugehen ist. Demnach ist eine Tat von den Behörden nur zu ahnden, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit anderer Verwaltungsbehörden oder der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Ist zweifelhaft, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, so hat die Behörde das Strafverfahren auszusetzen, bis über diese Frage von der sonst in Betracht kommenden Verwaltungsbehörde oder vom Gericht rechtskräftig entschieden ist.

Das bedeutet im konkret vorliegenden Fall, dass zuerst § 310 StGB geprüft werden muss.

§ 310 Abs 1 StGB normiert: 

Ein Beamter oder ehemaliger Beamter, der ein ihm ausschließlich kraft seines Amtes anvertrautes oder zugänglich gewordenes Geheimnis offenbart oder verwertet, dessen Offenbarung oder Verwertung geeignet ist, ein öffentliches oder ein berechtigtes privates Interesse zu verletzen, ist, wenn die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

Unmittelbarer Täter ist nach dieser Bestimmung ua ein Beamter. Der Gemeindevertreter ist zwar allgemeiner Vertretungskörper, ihm kommt jedoch keine Gesetzgebungs-, sondern ausschließlich Vollziehungs-(Verwaltungs-)Funktion zu. Seine Mitglieder nehmen (als Kollegialorgan) Rechtshandlungen vor und sind daher Beamte im strafrechtlichen Sinn (RIS-Jusitz RS0130524). Auch Gottfried Winkel ist in seiner Funktion als Gemeindevertreter sohin Beamter. 

Wie bereits oben angeführt sind Amtsgeheimnisse Tatsachen, die ein Geheimnis sind, die dem Täter durch amtliche Tätigkeit bekannt werden und sich auf die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit erstrecken. Ein Geheimnis ist ein Umstand, der nicht allgemein bekannt und nicht allgemein zugänglich ist. Ausschließlich durch seine amtliche Tätigkeit werden dem Täter Geheimnisse bekannt, von denen er durch Erfüllung seiner amtlichen Aufgaben erfährt, oder die er durch Ausnützung seiner amtlichen Stellung rechtmäßig oder rechtswidrig in Erfahrung bringt.

Im vorliegenden Fall war sowohl die Beratung als auch die Beschlussfassung des Tagesordnungspunktes 3 des nichtöffentlichen Teiles der 5. Gemeindevertretungssitzung am 24.08.2015 vertraulich zu behandeln (§ 46 GG). Die Vertraulichkeit bring die Pflicht zum Stillschweigen gegenüber Unbeteiligten zum Ausdruck (vgl Häusler/Müller, Das Vorarlberger Gemeindegesetz (2010), 116). Die Inhalte der Beratung und Beschlussfassung waren somit weder allgemein bekannt, noch allgemein zugänglich. 

Es darf angenommen werden, dass der Gemeindevertreter Gottfried Winkel jedenfalls im Rahmen der Einladung zur 5. Sitzung der Gemeindevertretungssitzung am 24.08.2015 über den geplanten Kauf des „Krone-Areals“, erfahren hat. Dafür spricht, dass laut Niederschrift des öffentlichen Teiles der der 5. Gemeindevertretung am 24.08.2015 Gottfried Winkel seinen Fraktionsmitgliedern gegenüber geäußert haben soll, dass aufgrund der Zustellung der Einladung via E-Mail ein Ladungsmangel vorliegen dürfte.

Gottfried Winkel war bei der 5. Sitzung der Gemeindevertretung am 24.08.2015 selbst nicht anwesend. Zu prüfen ist daher, ob dieser im Rahmen seiner amtlichen Tätigkeit inhaltliche Details über die Ergebnisse der Beratung und Beschlussfassung zum Tagesordnungspunkt 3. des nichtöffentlichen Teils der 5. Sitzung der Gemeindevertretung am 24.08.2015 erhalten hat. 

Gemäß § 47 Abs 8 GG sind die Verhandlungsschriften über nicht öffentliche Gemeindevertretungssitzungen gesondert zu führen. Die Absätze 1 bis 3 und 5 gelten sinngemäß. Häusler/Müller, Dass Vorarlberger Gemeindegesetz (2010), S 121, halten dazu fest, dass Abs. 4 nicht sinngemäß anzuwenden ist und kein Versenden der Verhandlungsschrift an die Parteifraktionen erfolgt. Die Gemeindevertreter können jedoch im Wege und im Umfang des § 38 Abs 3 GG in die Verhandlungsschrift der letzten Sitzung als eines in der folgenden nicht öffentlichen Sitzung zur Behandlung stehenden Aktes Einsicht nehmen.

Ob Gottfried Winkel im Rahmen des § 48 Abs. 8 GG Einsicht in die Verhandlungsniederschrift des nichtöffentlichen Teiles der 5. Gemeindevertretungssitzung am 24.08.2015 genommen hat oder ob diesem die Einsicht und/oder Ausgabe dieser Verhandlungsschrift (freiwillig) über Verlangen zu einem späteren Zeitpunkt gewährt wurde oder ob dieser sonst im Rahmen seiner amtlichen Tätigkeit zu näheren Informationen (beispielsweise über andere Mitglieder der Fraktion „Bezaubernde Demokraten“, welche bei der 5 Gemeindevertretungssitzung am 24.08.2015 anwesend waren) gekommen ist, kann nicht verifiziert werden. Einsichtnahmen in die Verhandlungsniederschriften durch die Gemeindevertreter werden jedenfalls im Gemeindeamt nicht dokumentiert. 

Dennoch ist naheliegend und wahrscheinlich, dass Gottfried Winkel im Rahmen seiner dienstlichen Stellung rechtmäßig oder rechtswidrig Informationen über den geplanten Grundstückkauf erhalten hat. Einerseits ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass verfahrensgegenständliches Sitzungsprotokoll sonst öffentlich gemacht wurde oder inhaltliche Details darüber von einem anderen Gemeindevertreter an die Öffentlichkeit getragen wurden, anderseits entspricht der von Herrn Winkel veröffentlichte Betrag exakt jenem Betrag, welcher der Beschlussfassung der des Tagesordnungspunktes 3 des nichtöffentlichen Teiles der 5 Gemeindevertretungssitzung am 24.08.2015 zugrunde liegt (€ 90.000 zuzüglich MwSt (90.000 x 0,2= 18.000) + € 510.000 = € 618.000).

Die Aufsichtsbehörde geht daher davon aus, dass Gottfried Winkel die Informationen über den geplanten Kauf des „Krone-Areals“ um Euro 618.000 im Rahmen seiner amtlichen Tätigkeit erhalten hat und es sich hierbei – zumal sich die Kenntnis dieser Information auf einen geschlossenen Kreis von der Amtsverschwiegenheit unterliegenden Personen beschränkt und keine Indizien dafür sprechen, dass die Information durch einen anderen Gemeindevertreter oder sonst publik gemacht wurden – um geheime Tatsachen im Sinne des § 20 Abs. 3 B-VG handelt. 

Durch die unter dem Titel „Kurzbericht von der 8. Sitzung der Gemeindevertretung Bezau am 16.11.2015 Punkt 4. Beschlussfassung Nachtragsvoranschlag 2015“ erfolgte Offenbarung der Wortfolge „Kauf ehemaliges Gasthaus Krone (€ 618.000.!!)“ auf seiner Homepage am 17.11.2015 hat Gottfried Winkel nachweislich geheime amtliche Tatsachen veröffentlicht, indem er verlautbarte – wenn auch unter Bekanntgabe eines falschen Titels ( die Beschlussfassung über den Kauf dieser Liegenschaft erfolgte im Rahmen der 5. Gemeindevertretungssitzung) – dass die Gemeindevertretung beschlossen hat, das ehemalige Gasthauses Krone um € 618.000 zu kaufen.

Nach § 310 StGB muss die Offenbarung geeignet sein, die konkrete Gefahr einer Beeinträchtigung geschützter Interessen herbeizuführen. Bei der Gemeindevertretungssitzung am 24.08.2015 waren sowohl die Beratung als auch die Beschlussfassung des Tagesordnungspunktes 3 „Beratung und Beschlussfassung Optionsübernahme und –ausübung GST-NR – 189/1 und 477 KG Bezau“ vertraulich gemäß § 46 Abs 6 GG. Grund der Vertraulichkeit war die Wahrung der Verhandlungsposition bei einem allfälligen Grundstückskauf des „Krone Areals“.

Im vorliegenden Fall könnten nachstehende Interessen: „wirtschaftliche Interessen der Parteien“, Vorbereitung einer Entscheidung“ beeinträchtigt werden. 

In Anbetracht des gegenständlichen Sachverhaltes ist davon auszugehen, dass die Gemeinde ein rechtlich geschütztes Interesse daran hatte, dass der geplante Kauf des „Krone Areals“ und die in der Gemeindevertretungssitzung beschlossene Kaufsumme bis zum rechtswirksamen Zustandekommens des Kaufvertrages geheim bleibt. Es ist naheliegend, dass ein vorheriges Veröffentlichen der Information, welches Grundstück die Gemeinde zu welchem Preis zu kaufen beabsichtigt, die Verhandlungsposition der Gemeinde gefährdet, die anstehenden Verhandlungsgespräche erschwert und den Kaufpreis in die Höhe treibt (Anm.: 19.6.2018 – „treiben könnte“).

Es ist daher anzunehmen (Anm.: 19.6.2018 – „möglich), dass die Veröffentlichung der Wortfolge „Kauf ehemaliges Gasthaus Krone (€ 618.000.!!)“ typischerweise geeignet ist, die konkrete Gefahr der Beeinträchtigung obgenannter Interessen herbeizuführen. 

Die Aufsichtsbehörde geht daher davon aus, dass der objektive Tatbestand des § 310 StGB verwirklicht ist, weshalb der Sachverhalt der Staatsanwaltschaft zur Prüfung vorzulegen ist (§ 78 StPO).

(Anmerkung: Siehe letzer Satz im Schreiben vom 19.6.2018)

Zur Prüfung einer allfälligen Verletzung der Amtsverschwiegenheit und Vertraulichkeit iSd § 46 Abs 6 GG iVm § 99 Abs. 1 lit e und f GG ist auszuführen, dass zwischenzeitlich Verfolgungsverjährung eingetreten ist und die Verfolgung somit unzulässig ist (§ 31 VStG).
(Anmerkung: Dieser Satz fehlt im Schreiben vom 19.6.2018 zur Gänze!)

Mit freundlichen Grüßen

Der Bezirkshauptmann
im Auftrag
Mag. Rainer Honsig-Erlenburg

Nachrichtlich an:

Herrn
Gottfried Winkel
E-Mail: gottfried.winkel@aon.at

2. Schreiben vom 19.6.2018 (1. Schreiben vom 12.4.2018, siehe oben):

Bezirkshauptmannschaft Bregenz

Bahnhofstraße 41, 6901 Bregenz, Österreich |
www.vorarlberg.at/bhbregenz | DVR 0058777
bhbregenz@vorarlberg.at | T +43 5574 4951 0 | F +43 5574 511 952095

Marktgemeinde Bezau
z.H. des Bürgermeisters
Platz 375
6870 Bezau
E-Mail: gemeinde@bezau.cnv.at

Auskunft:
Mag. Rainer Honsig-Erlenburg
T +43 5574 4951 52050
Zahl: BHBR-I-3100.04-1/2018-6

Bregenz, am 19.06.2018

Betreff: Gottfried Winkel, Gemeinde Bezau, Prüfung einer etwaigen Verletzung der Verschwiegenheitspflicht, Kauf des „Krone-Areals“

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

zunächst möchten wir uns für die verspätete Erledigung entschuldigen. Inhaltlich führt die Bezirkshauptmannschaft Bregenz als Aufsichtsbehörde in der ggst. Angelegenheit Folgendes aus:

Sachverhalt
Bürgermeister Gerhard Steurer ersucht die Aufsichtsbehörde um Prüfung einer etwaigen Verletzung der Verschwiegenheitspflicht durch den Gemeindevertreter Gottfried Winkel.

Er sehe aufgrund des nachstehenden Sachverhaltes einen Verstoß der Verschwiegenheitspflicht des Gemeindevertreters Gottfried Winkel.

Der Gemeindevertreter Johannes Batlogg habe im Rahmen der 5. Sitzung der Gemeindevertretung am 24.08.2015 den Antrag gestellt, dass bei Tagesordnungspunkt 3 des nichtöffentlichen Teiles nicht nur die Beratung, sondern auch die Beschlussfassung vertraulich behandelt werde, um die Verhandlungsposition der Marktgemeinde Bezau nicht zu gefährden.

Der Tagesordnungspunk 3 der Niederschrift des nicht öffentlichen Teiles der 5. Sitzung der Gemeindevertretung lautet auszugsweise:

„3. Beratung und Beschlussfassung Optionsübernahme und –ausübung GST-NR .189/1 und 477, KG Bezau

Die Marktgemeinde Bezau hat die Möglichkeit auf die Option zum Kauf des „Krone-Areals“.

(…)

Der Vorsitzende erläutert den Sachverhalt anhand der Planunterlagen:

1. Der gelb markierte Grund mit 2.170 m² befindet sich im Eigentum der Marktgemeinde

2. Der blau markierte Grund mit 2.631 m², sowie das GST-NR .189 (Krone) mit 568 m² soll erworben werden

3. Durch den Kauf könnte die Marktgemeinde eine verfügbare Fläche im Ortszentrum von insgesamt 4.801 m² plus das „Kronegrundstück“ mit 568 m² sichern

4. Eine mögliche Verwertung könnte durch die Gemeinde entschieden werden

5. Derzeit besteht eine Widmung für 967 m² im Zentrum, 686 m²am Greben

6. Das im Besitz der Marktgemeinde angrenzende Grundstück erhält dadurch eine große Aufwertung, da der schmale Streifen alleine nicht bebaut werden könnte.

7. Mögliche Umsetzung eines verkehrsfreien Dorfplatzes infolge einer neuen Zufahrtsmöglichkeit

8. Entwicklung und Nutzung der Krone kann seitens der Gemeinde gesteuert werden

9. Bei Entscheidung für den Kauf bzw die Übernahme des Optionsrechtes durch die Gemeinde muss dies noch vom Verlassenschaftsgericht genehmigt werden – dh kein finanzielles Risiko, sollte dies nicht genehmigt werden

10. Die Finanzierung kann überwiegend durch den Überschuss des Jahres 2014 gedeckt werden.

11. LEADER-Projekt kann mit allen Teilobjekten im Besitz der Gemeinde erstellt werden – Johannes Batlogg geht auf das LEADER-Projekt ein, dass das „Krone-Areal“ ein Teil des Projektes darstelle und bei der Gesamtbetrachtung des Ortskerns eine wichtige Rolle spiele – das Projekt wurde auf sämtliche Immobilien der Marktgemeinde ausgeweitet

(…)

Die Gemeindevertretung vertritt die allgemeine Meinung, dass ein Kauf als große Chance betrachtet werden und genützt werden müsse. Durch alleinigen Kauf durch die Marktgemeinde erhalte die Marktgemeinde Entscheidungsfreiheit zur Bebauung inmitten des Ortszentrums. Sollte die Option auslaufen, steige die Ungewissheit. Für die Gemeinde bestünde beim Kauf überhaupt kein Risiko.

Bgm Gerhard Steurer stellt den Antrag unter der aufschiebenden Bedingung eines rechtswirksamen Zustandekommens eines Kaufvertrages über die GST-NR .189/1 und GST-NR 477, KG Bezau, die genannten Liegenschaften laut Optionsvertrag vom 30.06.2014 zum Preis von € 510.000,00 zu erwerben. Für den Erwerb des Optionsrechts und den dafür erbrachten Leistungen laut Rechnung-Nr AT15013 vom 13.08.2015 ist an die Architektengemeinschaft „firm“ ein Betrag von € 90.000,00 zuzüglich Mehrwertsteuer zu entrichten.

Der Antrag wird einstimmig angenommen.

(…)“

In der 8. Gemeindevertretungssitzung am 16.11.2015 sei unter Punkt 4 ein Nachtragsvoranschlag beschlossen worden, bei dem unter anderem eine Darlehnsaufnahme für „Grundstückskäufe“ einstimmig beschlossen wurde.

Der Tagesordnungspunkt 4 des Protokolls der 8. Sitzung der Gemeindevertretung lautet auszugsweise:

„4. Beschlussfassung Nachtragsvoranschlag 2015

Der 1. Nachtragsvoranschlag 2015 sowie die Stellungnahme des Gemeindevorstandes wurden den Gemeindevertretern bereits zugeschickt. Die einzelnen Positionen des Nachtragsvoranschlages werden vom Vorsitzenden verlesen und vom Gemeindekassier erläutert.

Der Nachtragsvoranschlage ist notwendig, da zum einen bei einzelnen Ansätzen mehr Mehrausgaben notwendig sind. Zum anderen soll noch für das Jahr 2015 ein Budget für geplante Grundstückskäufe samt Nebenkosten vorgesehen werden.

(…)

Bgm. Gerhard Steurer stellt den Antrag, den 1. Nachtragsvoranschlag in vorliegender Form zu genehmigen.

Der Antrag wird einstimmig angenommen.“

Am 17.11.2015 sei auf der Homepage von Gottfried und Hilde Winkel unter Punkt 4 folgender Text zu lesen gewesen: „Kauf ehemaliges Gasthaus Krone (€ 618.000.!!)“ Der Name des Kaufobjektes sei jedoch in der 8. Gemeindevertretungssitzung am 16.11.2015 vom Vorsitzenden nicht erwähnt worden.

Auf der Homepage von Gottfried Winkel war auszugsweise zu lesen:

„Kurzbericht von der 8. Sitzung der Gemeindevertretung Bezau am 16.11.2015

(…)

4. Beschlussfassung Nachtragsvoranschlag 2015

(…)

Kauf ehemaliges Gasthaus Krone (Euro 618.000!!)

(…).“

Der Vertrag hinsichtlich des Kaufes des „Krone-Areals“ wurde am 21.09.2015 vom Bürgermeister und Vizebürgermeister sowie am 02.12.2015 durch die Verlassenschaftskuratorin Weitert unterzeichnet.

Rechtliche Beurteilung
§ 46 des Vorarlberger Gemeindegesetzes (in weiterer Folge GG genannt) lautet auszugsweise:

(1) Die Sitzungen der Gemeindevertretung sind öffentlich. (…)

(2) Der Bürgermeister kann bei Festsetzung der Tagesordnung Gegenstände ausnahmsweise in eine nichtöffentliche Sitzung verwiesen, wenn die Geheimhaltung der Beratung oder Beschlussfassung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist oder eine freie Beratung oder Beschlussfassung sonst nicht gewährleistet erscheint. (…)

(3) Die Öffentlichkeit kann auch durch die Gemeindevertretung ausnahmsweise ausgeschlossen werden, wenn es sich um Angelegenheiten der im Abs. 2 bezeichneten Art handelt.

(4) (…)

(5) (…)

(6) Bei nichtöffentlichen Sitzungen ist die Beratung vertraulich. Die Gemeindevertretung kann außerdem die Vertraulichkeit der Beschlussfassung beschließen.

Bei der Gemeindevertretungssitzung am 24.08.2015 waren sowohl die Beratung als auch die Beschlussfassung des Tagesordnungspunktes 3 „Beratung und Beschlussfassung Optionsübernahme und –ausübung GST-NR – 189/1 und 477 KG Bezau“ vertraulich iSd § 46 Abs 6 GG. Grund der Vertraulichkeit war die Wahrung der Verhandlungsposition bei einem allfälligen Grundstückskauf des „Krone Areals“.

Gemäß § 29 Abs. 1 GG sind der Bürgermeister und die Mitglieder der im § 26 Abs. 1 genannten Kollegialorgane zur Verschwiegenheit über alle Tatsachen verpflichtet, die ihnen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt geworden sind und deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist.

§ 29 GG ist demnach auf alle mit den Aufgaben der Gemeindeverwaltung betrauten Organe wie gewählte Funktionsträger und somit auch für Gemeindevertreter anwendbar. Diese Bestimmung

im GG steht in Sinnzusammenhang mit Art 20 Abs 3 B-VG (Amtsverschwiegenheit), bei welcher grundsätzlich eine Interessensabwägung geboten ist.

Die Verletzung der Amtsverschwiegenheit unterliegt grundsätzlich § 310 StGB (Verletzung des Amtsgeheimnisses) und – soweit keine Ordnungsstrafe gemäß § 88 Abs 1 GG verhängt wurde – auch § 99 Abs 1 lit e GG. § 99 Abs 1 lit e GG (wie im Übrigen auch lit f, Verletzung der Vertraulichkeit) steht in stillschweigender Subsidiarität und damit in Scheinkonkurrenz zu § 310 StGB, weshalb im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation soweit als möglich eine drohende Doppelbestrafung auszuschließen und iSd § 30 Abs 2 VStG vorzugehen ist. Demnach ist eine Tat von den Behörden nur zu ahnden, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit anderer Verwaltungsbehörden oder der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Ist zweifelhaft, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, so hat die Behörde das Strafverfahren auszusetzen, bis über diese Frage von der sonst in Betracht kommenden Verwaltungsbehörde oder vom Gericht rechtskräftig entschieden ist.

Das bedeutet im konkret vorliegenden Fall, dass zuerst § 310 StGB geprüft werden muss.

§ 310 Abs 1 StGB normiert:

Ein Beamter oder ehemaliger Beamter, der ein ihm ausschließlich kraft seines Amtes anvertrautes oder zugänglich gewordenes Geheimnis offenbart oder verwertet, dessen Offenbarung oder Verwertung geeignet ist, ein öffentliches oder ein berechtigtes privates Interesse zu verletzen, ist, wenn die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

Unmittelbarer Täter ist nach dieser Bestimmung ua ein Beamter. Der Gemeindevertreter ist zwar allgemeiner Vertretungskörper, ihm kommt jedoch keine Gesetzgebungs-, sondern ausschließlich Vollziehungs-(Verwaltungs-)Funktion zu. Seine Mitglieder nehmen (als Kollegialorgan) Rechtshandlungen vor und sind daher Beamte im strafrechtlichen Sinn (RIS-Jusitz RS0130524). Auch Gottfried Winkel dürfte in seiner Funktion als Gemeindevertreter sohin Beamter sein.

Wie bereits oben angeführt sind Amtsgeheimnisse Tatsachen, die ein Geheimnis sind, die dem Täter durch amtliche Tätigkeit bekannt werden und sich auf die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit erstrecken. Ein Geheimnis ist ein Umstand, der nicht allgemein bekannt und nicht allgemein zugänglich ist. Ausschließlich durch seine amtliche Tätigkeit werden dem Täter Geheimnisse bekannt, von denen er durch Erfüllung seiner amtlichen Aufgaben erfährt, oder die er durch Ausnützung seiner amtlichen Stellung rechtmäßig oder rechtswidrig in Erfahrung bringt.

Im vorliegenden Fall war sowohl die Beratung als auch die Beschlussfassung des Tagesordnungspunktes 3 des nichtöffentlichen Teiles der 5. Gemeindevertretungssitzung am 24.08.2015 vertraulich zu behandeln (§ 46 GG). Die Vertraulichkeit bringt die Pflicht zum Stillschweigen gegenüber Unbeteiligten zum Ausdruck (vgl Häusler/Müller, Das Vorarlberger Gemeindegesetz (2010), 116). Die Inhalte der Beratung und Beschlussfassung waren somit nach unserem Informationsstand weder allgemein bekannt, noch allgemein zugänglich.

Es darf angenommen werden, dass der Gemeindevertreter Gottfried Winkel jedenfalls im Rahmen der Einladung zur 5. Sitzung der Gemeindevertretungssitzung am 24.08.2015 über den geplanten Kauf des „Krone-Areals“, erfahren hat. Dafür spricht, dass laut Niederschrift des öffentlichen Teiles der 5. Gemeindevertretung am 24.08.2015 Gottfried Winkel seinen Fraktionsmitgliedern gegenüber geäußert haben soll, dass aufgrund der Zustellung der Einladung via E-Mail ein Ladungsmangel vorliegen dürfte.

Gottfried Winkel war bei der 5. Sitzung der Gemeindevertretung am 24.08.2015 selbst nicht anwesend. Zu prüfen ist daher, ob dieser im Rahmen seiner amtlichen Tätigkeit inhaltliche Details über die Ergebnisse der Beratung und Beschlussfassung zum Tagesordnungspunkt 3. des nichtöffentlichen Teils der 5. Sitzung der Gemeindevertretung am 24.08.2015 erhalten hat.

Gemäß § 47 Abs 8 GG sind die Verhandlungsschriften über nicht öffentliche Gemeindevertretungssitzungen gesondert zu führen. Die Absätze 1 bis 3 und 5 gelten sinngemäß. Häusler/Müller, Das Vorarlberger Gemeindegesetz (2010), S 121, halten dazu fest, dass Abs. 4 nicht sinngemäß anzuwenden ist und kein Versenden der Verhandlungsschrift an die Parteifraktionen erfolgt. Die Gemeindevertreter können jedoch im Wege und im Umfang des § 38 Abs 3 GG in die Verhandlungsschrift der letzten Sitzung als eines in der folgenden nicht öffentlichen Sitzung zur Behandlung stehenden Aktes Einsicht nehmen.

Ob Gottfried Winkel im Rahmen des § 48 Abs. 8 GG Einsicht in die Verhandlungsniederschrift des nichtöffentlichen Teiles der 5. Gemeindevertretungssitzung am 24.08.2015 genommen hat oder ob diesem die Einsicht und/oder Ausgabe dieser Verhandlungsschrift (freiwillig) über Verlangen zu einem späteren Zeitpunkt gewährt wurde oder ob dieser sonst im Rahmen seiner amtlichen Tätigkeit zu näheren Informationen (beispielsweise über andere Mitglieder der Fraktion „Bezaubernde Demokraten“, welche bei der 5 Gemeindevertretungssitzung am 24.08.2015 anwesend waren) gekommen ist, kann nicht verifiziert werden. Einsichtnahmen in die Verhandlungsniederschriften durch die Gemeindevertreter werden jedenfalls im Gemeindeamt nicht dokumentiert.

Dennoch ist möglich, dass Gottfried Winkel im Rahmen seiner dienstlichen Stellung Informationen über den geplanten Grundstückkauf erhalten hat. Einerseits ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass verfahrensgegenständliches Sitzungsprotokoll sonst öffentlich gemacht wurde oder inhaltliche Details darüber von einem anderen Gemeindevertreter an die Öffentlichkeit getragen wurden, anderseits entspricht der von Herrn Winkel veröffentlichte Betrag exakt jenem Betrag, welcher der Beschlussfassung der des Tagesordnungspunktes 3 des nichtöffentlichen Teiles der 5. Gemeindevertretungssitzung am 24.08.2015 zugrunde liegt (€ 90.000 zuzüglich MwSt (90.000 x 0,2= 18.000) + € 510.000 = € 618.000).

Die Aufsichtsbehörde schließt daher nicht aus, dass Gottfried Winkel die Informationen über den geplanten Kauf des „Krone-Areals“ um Euro 618.000 im Rahmen seiner amtlichen Tätigkeit erhalten hat und es sich hierbei – zumal sich die Kenntnis dieser Information auf einen geschlossenen Kreis von der Amtsverschwiegenheit unterliegenden Personen beschränkt und nach den uns vorliegenden Informationen (Anm.: fehlt im Schreiben vom 12.4.2018) keine Indizien dafür sprechen, dass die Information durch einen anderen Gemeindevertreter oder sonst publik gemacht wurden – um geheime Tatsachen im Sinne des § 20 Abs. 3 B-VG handeln könnte.

Durch die unter dem Titel „Kurzbericht von der 8. Sitzung der Gemeindevertretung Bezau am 16.11.2015 Punkt 4. Beschlussfassung Nachtragsvoranschlag 2015“ erfolgte Offenbarung der Wortfolge „Kauf ehemaliges Gasthaus Krone (€ 618.000.!!)“ auf seiner Homepage am 17.11.2015 könnte Gottfried Winkel geheime amtliche Tatsachen veröffentlicht haben, indem er verlautbarte – wenn auch unter Bekanntgabe eines falschen Titels (die Beschlussfassung über den Kauf dieser Liegenschaft erfolgte im Rahmen der 5. Gemeindevertretungssitzung) – dass die Gemeindevertretung beschlossen hat, das ehemalige Gasthaus Krone um € 618.000 zu kaufen. Ob Herrn Gottfried Winkel trotz seiner Abwesenheit in der Gemeindevertretungssitzung vom 24.08.2015 bekannt war, dass in jener Sitzung die Beratung und Beschlussfassung des Kaufes Krone-Areal für vertraulich erklärt wurde, ist uns nicht bekannt.
(Anmerkung: Dieser Satz fehlt im Schreiben vom 12.4.2018)

Nach § 310 StGB muss die Offenbarung geeignet sein, die konkrete Gefahr einer Beeinträchtigung geschützter Interessen herbeizuführen. Bei der Gemeindevertretungssitzung am 24.08.2015 waren sowohl die Beratung als auch die Beschlussfassung des Tagesordnungspunktes 3 „Beratung und Beschlussfassung Optionsübernahme und –ausübung GST-NR – 189/1 und 477 KG Bezau“ vertraulich gemäß § 46 Abs 6 GG. Grund der Vertraulichkeit war die Wahrung der Verhandlungsposition bei einem allfälligen Grundstückskauf des „Krone Areals“.

Im vorliegenden Fall könnten nachstehende Interessen: „wirtschaftliche Interessen der Parteien“, Vorbereitung einer Entscheidung“ beeinträchtigt werden.

In Anbetracht des gegenständlichen Sachverhaltes ist davon auszugehen, dass die Gemeinde ein rechtlich geschütztes Interesse daran hatte, dass der geplante Kauf des „Krone Areals“ und die in der Gemeindevertretungssitzung beschlossene Kaufsumme bis zum rechtswirksamen Zustandekommens des Kaufvertrages geheim bleibt. Es ist möglich, dass ein vorheriges Veröffentlichen der Information, welches Grundstück die Gemeinde zu welchem Preis zu kaufen beabsichtigt, die Verhandlungsposition der Gemeinde gefährden, die anstehenden Verhandlungsgespräche erschweren und den Kaufpreis in die Höhe treiben könnte (Anm.: 12.4.2018 – „treibt“).

Es ist daher möglich (Anm.: 12.4.2018 – „anzunehmen“), dass die Veröffentlichung der Wortfolge „Kauf ehemaliges Gasthaus Krone (€ 618.000.!!)“ geeignet ist, die konkrete Gefahr der Beeinträchtigung obgenannter Interessen herbeizuführen.

Die Aufsichtsbehörde schließt daher nicht aus, dass der objektive Tatbestand des § 310 StGB verwirklicht sein könnte, weshalb der Sachverhalt aus Gründen der juristischen Vorsicht der Staatsanwaltschaft zur Prüfung vorgelegt wird (§ 78 StPO).

(Anmerkung: Siehe vorletzter Satz im Schreiben vom 12.4.2018)

Mit freundlichen Grüßen
Der Bezirkshauptmann
im Auftrag
Mag. Rainer Honsig-Erlenburg

Nachrichtlich an:

Herrn
Gottfried Winkel
E-Mail: gottfried.winkel@aon.at