durch den Landesvolksanwalt für Vorarlberg
von Gottfried Winkel
Der Landesvolksanwalt für Vorarlberg hat in seinem Abschlussbericht vom 18.12.2024 an die Marktgemeinde Bezau über die Missstandsfeststellung zum verpflichtenden Abschluss eines Raumplanungsvertrages auch mehrere Empfehlungen ausgesprochen – dazu später.
Der Landesvolksanwalt hat aufgrund von Beschwerden ein Prüfverfahren eingeleitet und neben Gesprächen mit der Marktgemeinde Bezau und der Bezirkshauptmannschaft Bregenz das von der Gemeindevertretung Bezau am 4.7.2022 beschlossene Vertragsmuster geprüft.
Im Rahmen des Prüfungsverfahrens kritisierte der Landesvolksanwalt die in Bezau bestehende Praxis im Umgang mit dem Instrument der Vertragsraumordnung nicht nur dahingehend, dass Verfahrensvorschriften missachtet werden, sondern auch, dass die inhaltliche Ausgestaltung den gesetzlichen Vorschriften widerspricht.
Bereits während des Prüfverfahrens gelangte der Landesvolksanwalt zur Auffassung, dass der Beschluss der Gemeindevertretung vom Juli 2022, wonach Widmungswerber gezwungen werden, den eingangs angeführten Raumplanungsvertrag mit der Marktgemeinde Bezau abzuschließen, andernfalls nicht einmal eine Einleitung über die Änderung des Flächenwidmungsplanes erfolgt, gesetzwidrig ist.
Beschlüsse und sonstige Maßnahmen der Gemeinde, die nicht unter die Bestimmungen der §§ 84 und 85 Gemeindegesetz fallen und die ein Gesetz oder eine Verordnung verletzen, sind von der Aufsichtsbehörde mit Bescheid aufzuheben. Der Landesvolksanwalt sah sich deshalb veranlasst der Marktgemeinde Bezau zu empfehlen diesen Beschluss zu sanieren; gleichzeitig wurde die zuständige Bezirkshauptmannschaft Bregenz um Prüfung und das Erheben von aufsichtsbehördlichen Maßnahmen ersucht.
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In der Praxis führt dies dazu, dass sich die Gemeindevertretung im Falle des Fehlens eines Raumplanungsvertrages gar nicht mit einer angeregten Änderung des Flächenwidmungsplanes befasst.
Wenn die Marktgemeinde Bezau jenen Widmungswerberinnen eine Behandlung ihres Antrags verwehrt, die sich nicht bereiterklären, das in der Gemeindevertretungssitzung vom 4.7.2022 beschlossene Vertragsmuster zu unterfertigen, verletzt sie damit den Eigentumsschutz, den Gleichheitssatz sowie die Verfahrensgarantien (Recht auf ein faires Verfahren).
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Diese Vollzugspraxis wurde dem Landesvolksanwalt von mehreren Bürgern geschildert und von der Marktgemeinde Bezau im Rahmen des Prüfverfahrens bestätigt.
Der Landesvolksanwalt weist an dieser Stelle weiters darauf hin, dass privatrechtliche Raumplanungsverträge, die gegen die (verfassungs-)gesetzlichen Vorgaben verstoßen, auch zivilrechtlich unwirksam sein werden. Folgend § 879 Abs. 1 ABGB sind Verträge, die gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen, nichtig.
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Ergebnis:
1. Die entgegen den raumplanungsrechtlichen Bestimmungen erfolgten Festlegungen einer vorerst lediglich ersichtlich zu machende Befristung und Folgewidmung mit der Flächenwidmung sind gegenüber der Gemeindevertretung der Marktgemeinde Bezau gemäß § 2 Abs. 2 des Gesetzes über den Landesvolksanwalt als Missstand in der Verwaltung der Marktgemeinde Bezau festzustellen.
2. Die entgegen den raumplanungsrechtlichen Bestimmungen erfolgten privatwirtschaftlichen Maßnahmen sind gegenüber der Gemeindevertretung der Marktgemeinde Bezau gemäß § 2 Abs. 2 des Gesetzes über den Landesvolksanwalt als Missstand in der Verwaltung der Marktgemeinde Bezau festzustellen.
EMPFEHLUNGEN:
Aufgrund der festgestellten Missstände in der Verwaltung der Marktgemeinde Bezau, wird es seitens des Landesvolksanwaltes für erforderlich erachtet, dass
– In jenen Fällen in denen die Marktgemeinde Bezau trotz Abschluss einer Verwendungsvereinbarung dennoch mit der Widmung eine Befristung und Folgewidmung ersichtlich gemacht hat, wird die Marktgemeinde Bezau entweder die privatwirtschaftlichen Maßnahmen (Verträge mit den Widmungswerbenden) auflösen, oder die Befristung und Folgewidmung der betroffenen Grundstücke mit Verordnung aufheben müssen.
– Diese Verträge verstoßen gegen das RPG, da vorgesehen ist, entweder befristet und unter Ersichtlichmachung einer Folgewidmung zu widmen, oder nach Abschluss einer Verwendungsvereinbarung unbefristet und ohne Folgewidmung zu widmen.
Nach § 3 Abs. 3 des Gesetzes über den Landesvolksanwalt ist den Empfehlungen des Landesvolksanwaltes möglichst rasch, längstens aber binnen zwei Monaten, zu entsprechen und dies dem Landesvolksanwalt mitzuteilen.
Die Marktgemeinde Bezau hat diesen Bericht ALLEN Gemeindevertretern-innen zur Kenntnis zu bringen und diesen in der nächsten Gemeindevertretungssitzung zu berichten.
Bürgermeister Graf bei der Staatsanwaltschaft angezeigt
(22.12.2024 – vorarlberg.orf.at) Der Bezauer Bürgermeister Hubert Graf und Mitglieder des Gemeindevorstandes sind wegen Amtsmissbrauchs angezeigt wurden. Hintergrund bildet die Vorgehensweise der Gemeinde bei Grundstückswidmungen. Kritik des Landesvolksanwaltes an der Bezauer Praxis bei Widmungsverfahren ist bisher ungehört verhallt.
Wer in Bezau ein Grundstück in Bauland umwidmen lassen will, muss einen Vertrag unterschreiben. Darin verpflichtet man sich unter anderem dazu, das geplante Gebäude als Hauptwohnsitz zu verwenden.
Das sei gesetz- und verfassungswidrig, hat der Vorarlberger Landesvolksanwalt Klaus Feurstein kürzlich in einem Schreiben an das Land festgehalten. Die Gemeindeaufsicht der Bezirkshauptmannschaft weigert sich bisher, einzuschreiten. Nun hat der Anwalt eines Betroffenen Strafanzeige erstattet.
Vertragsraumordnung als Druckmittel
Wer in Bezau einen Antrag auf Umwidmung eines Grundstückes stellt, kann es erleben, dass dieser Antrag nie verhandelt wird. Dem Betroffenen wird nämlich zunächst ein Vertrag vorgelegt, in dem er sich unter anderem verpflichtet, das von ihm geplante Gebäude als Hauptwohnsitz zu nutzen. Nötig wäre das nicht, schreibt der Landesvolksanwalt in seinem Bericht, denn die Raumordnung biete hier schon ausreichende Möglichkeiten, um Ferienwohnungen zu verhindern.
In Bezau sieht man das offenbar anders. Ohne Unterschrift unter den Raumordnungsvertrag wird über Anträge nicht einmal verhandelt. Für die Betroffenen hat das weitreichende Folgen: Ohne Entscheidung der Gemeindevertretung können sie auch keine Rechtsmittel dagegen erheben. Sie werden jeder Möglichkeit beraubt, zu einer Entscheidung zu kommen. Bezau verletze mit der Praxis „den Eigentumsschutz, den Gleichheitssatz“ sowie verfassungsrechtliche Verfahrensgarantien, schreibt Feurstein.
Gemeindeaufsicht will nicht einschreiten
Die Bürgerinnen und Bürger hätten ein „Recht auf Tätigwerden der Gemeindevertretung“. Mittlerweile gebe es zwar die Möglichkeit, im Rahmen der Vertragsraumordnung den Abschluss von privatrechtlichen Verträgen zwischen Gemeinde und Antragsteller zu verlangen. Dieser Raumordnungsvertrag dürfe aber nicht die einzige Voraussetzung für eine Umwidmung sein. Das Vorgehen der Marktgemeinde Bezau sei daher verfassungswidrig.
Kritik übt Feurstein auch an der Gemeindeaufsicht der Bezirkshauptmannschaft Bregenz. Diese stellt sich auf den Standpunkt, in der Angelegenheit nichts machen zu können. Die Gemeindevertretung habe die kritisierte Vorgehensweise zwar beschlossen, aber einen solchen Beschluss könne man nicht aufheben. Das sieht der Landesvolksanwalt freilich anders. Die Weigerung der Aufsichtsbehörde könne „keineswegs nachvollzogen werden“, heißt es im Abschlussbericht.
Anzeige gegen Gemeindepolitiker
Laut Feuerstein seien mehrere Bürgerinnen und Bürger an ihn herangetreten, um sich über das Bezauer Raumordnungsregime zu beschweren. Die von der Marktgemeinde geforderten Verträge würden gegen das Raumplanungsgesetz verstoßen. Die Gemeinde beharrt aber bisher auf ihrer Rechtsansicht.
Einer der Betroffenen hat nun über seinen Anwalt Anzeige bei der Staatsanwaltschaft eingebracht. Sie liegt dem ORF Vorarlberg vor. Es bestehe der Verdacht, dass „Bürgermeister Hubert Graf und Mitglieder des Gemeindevorstandes strafrechtlich relevant rechtswidrig gehandelt“ hätten. Die Staatsanwaltschaft wird ersucht, einen möglichen Amtsmissbrauch zu prüfen. Geprüft werden soll auch das Verhalten des zuständigen Mitarbeiters der Gemeindeaufsicht der BH Bregenz.
Der Betroffene versucht seit Jänner 2021, ein Grundstück widmen zu lassen. Er sei wiederholt auf Wünsche der Marktgemeinde Bezau eingegangen und wolle dort auch mit seiner Familie wohnen, den Vertrag aber nicht unterschreiben, heißt es. Er habe hohe Planungskosten gehabt, könne nun aufgrund des rechtswidrigen Verhaltens der Marktgemeinde aber nicht bauen. Von der Gemeinde gab es zu den Vorwürfen zunächst keine Stellungnahme.