Feldpost 1. Weltkrieg – 1915

1.1.1915 Wien – Alois und Pius Winkel an die Eltern in Reuthe

Lb. Eltern!

Endlich sind wir doch bis Wien gekommen. Obs von hier nach Serbien oder nach Galizien geht, wissen wir nicht. Sobald ich näheres weiß, werde ich berichten. Herzl. Grüße von Alois u. Pius

5.1.1915 – Alois und Pius Winkel an die Eltern in Reuthe

Lb. Eltern u. Geschwister! Da Euch Pius auf der letzten Karte die falsche Komp. angegeben hat, musste ich gleich diese schreiben. Es heißt also, anstatt 4.2. Komp. Sonst seid nur unbesorgt, hier haben wir es ganz gut, u. es wird auch fernerhin wieder gehen. Herzl. Grüße v. Euren Söhnen Alois u. Pius

9.1.1915 – Alois und Pius Winkel an den Vater in Reuthe

Lb. Vater!

Zu Eurem lb. Namenstage die besten Glückwünsche.
Möge der lb. Gott euch diesen Tag noch viele Jahre gesund und wohl erleben lassen. Wer hätte gedacht, dass heuer von Gal. [Galizien?] aus Gratulationsbriefe kommen.

Unsere letzten Karten werdet Ihr erhalten haben? Die Koffer habe ich dem Ignaz Wüstner v. Mellau übergeben zum heimschicken, u. ich glaube Ihr werdet sie erhalten haben. Sonst sind wir Gott sei Dank gesund, was wir auch von euch hoffen. Weiter kann ich Euch nicht viel berichten. Laßt mir die Nachbarn schön grüßen. In der Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehn grüßen herzlich Eure dankschuldigen Söhne Alois u. Pius

Ignaz Wüstner aus Mellau – vermisst in Russland

20.1.1915 – Alois an die Eltern in Reuthe

Unsere Lieben!

Damit Ihr nicht etwa allzugroßen Kummer über uns habt, teilen wir Euch mit Freuden mit, daß wir beide immer noch gesund und heil sind. Letzte Woche war ich jedoch nicht gut beieinand, ich war marod. Aber jetzt gehts wieder ganz gut. Habt Ihr unsere früheren Schreiben erhalten? Wir erhielten noch nichts. Herz. G. von Euren Söhnen u. Brüdern

23.1.1915 – Pius an den Vater in Reuthe

Lb. Vater.

Zum Zeitvertreib will ich Euch aus der Schwarmlinie ein Kärtchen schreiben. Habe eine ausgezeichnete Deckung, famoses essen, aber die Russen fehlen, sie trauen sich nicht mehr anzugreifen. Bin immer gesund und munter und hoffe daß das Kärtchen Euch auch alle gesund und wohl antreffe. Grüßt Euch Euer dankschuldiger Sohn

Pius

26.1.1915 – Alois und Pius Winkel an die Eltern in Reuthe

Lb. Eltern u. Geschwister!

Nachdem wir nun wieder einige Rasttage haben, will ich Euch wieder einmal einige Zeilen schreiben. Gott sei Dank kann ich mitteilen, daß wir beide noch gesund u. heil sind, u. wir hoffen mit Gottes Hilfe wird es auch fernerhin wieder gut gehen. Der Rosenkranz wird bei uns allen viel gebetet, so oft man Zeit u. Gelegenheit hat, bald deutsch, bald italienisch. Korrespondenz habe ich von Euch noch keine erhalten. Vielleicht war die Adresse falsch. Genaue Adresse ist: A.W. b. 3. Reg.T.K.4.Feldkomp. Feldpostamt 98. Würde mich freuen wenn Ihr mir ein paar Hosenträger schicken würdet, da mir die anderen kaputt gegangen sind. Ein Paket bis zu 350 gr. geht als Muster ohne Wert, mit 20 h frankiert. Briefpapier hätte ich auch gern. Wie stehen die Milchpreise bei Euch? Wahrscheinlich Hoch. Wenn ich einen besseren Schreibtisch hätte könnte ich mehr mitteilen, so schließe ich aber mit den herzlichsten Grüßen u. verbleibe Euer dankschuldiger Sohn Alois auch im Namen von Pius 

29.1.1915 – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe

Liebe Eltern!

Die Karten vom 23.1. haben wir beide erhalten und haben uns auch recht gefreut, denn es waren die ersten Schreiben, die wir von Euch erhielten. Wegen den Briefen und Photographien habe ich bei der 2. Kompanie nachgefragt, u. erfahren, daß dieselben dort ankamen, aber schließlich verworfen wurden, da sie niemand in Empfang nahm. Jetzt auf diese Adresse kommt sicher alles her. Wenn ihr uns etwas schicken wollt, ist es uns am liebsten, wenn Ihr uns ein wenig fetten Käs oder ein Stück Selchfleisch schicktet. Einmal ein wenig Abwechslung wäre schon gut.

Wie ich durch Eure Karte erfuhr haben Franz u. Lorenz die Tapferkeitsmedaille erhalten. Das ist schön. Ich u. Pius werden schon auch fest dreinhauen, wenn wir einmal Gelegenheit bekommen, bisher kamen wir noch nicht so arg ins Grigel, aber ich glaube es wird jetzt dann bald lebendiger.

Bregenzerwälder sind mehrere in unserer Komp., z. B. Sutters Buob, Adam Metzler a. Bizau, Jodok Natter von Mellau, Alfons Meusburger a. Andelsbuch (Ochsenwirts) und sonst noch einige die Ihr aber jedenfalls nicht kennt. ?? Jodok und Gallerles Tone, der Kleine aus Bezau sind auch hier beim Train und wir treffen sie öfters.

Seit einigen Tagen haben wir etwa 25 cm Schnee u. es ist jetzt auch grimmig kalt. Geld braucht man hier nicht grad viel, weil man sich selten etwas kaufen kann; wenn man aber einmal etwas kriegt, muss man es zehnfach bezahlen. Ich kaufte mir einmal 2 Eier um 1 K. es war mir nämlich nicht wohl und da hatte ich sie gern. Was schreiben denn die Zeitungen? Unsere Lage ist gegenwärtig auch ganz gut. Nun schließe ich mit den herz. Grüßen an euch alle u. verbleibe Euer dankschuldiger Sohn u. Bruder Alois

(Anmerkung: Sutters Buob = Anton Feuerstein, geb. 25.10.1894 in Mellau – 8.7.1915 in Polen; Mutter Elisabeth Sutter aus Mellau, Vater Josef Anton Feuerstein aus Reuthe)

Alfons Meusburger, Andelsbuch, und Jodok Natter, Mellau

30.1.1915 – Gemeindevorsteher von Bezau an Anton Winkel in Reuthe

Es ist soeben vom Regiments-Commando für Ihren den Heldentot gestorbenen Sohn Lorenz eine silberne Tapferkeitsmedaille und ein Belobungsdekret eingelangt, welches ich Ihnen u. Ihrer werten Familie mit der innigsten Gratulation übermittle, mit dem Bemerken daß diese schöne Auszeichnung dem allzu früh Verstorbenen, Gott belohnen wolle, und Ihnen die besten Tröstungen zu dem schweren Opfer bringen werde, indem dieses für die ganze Familie eine große Ehre bedeutet.

Hochachtungsvoll L. Meusburger

Anmerkung: Leopold Meusburger – aufgewachsen im Elternhaus in Bezau, Mittlere 116 – Käsehändler, Vorsteher in Bezau (Bürgermeister) von 1910 bis 1929 – kinderlos gestorben im Alter von 76 Jahren in Bezau, Unterdorf 5

30.1.1915 – Gemeindevorsteher von Bezau an Anton Winkel in Reuthe

9.2.1915 – Alois Winkel an die Eltern und Geschwister in Reuthe

Lb. Eltern u. Geschwister!

Will euch nur kurz mitteilen, daß ich das Paket gestern erhalten habe. Besten Dank dafür. Beim Göte schrieb man mir, daß man uns schon zweimal Pakete schickte, aber wir haben sie nicht erhalten. Ist recht ärgerlich. Ich weiß nicht was das für eine Schweinerei ist. Diebe hat es scheints grad genug. Frz. Josef hat mir gestern auch geschrieben.

Herzl. Grüße v. Alois

15.2.1915 – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe

Liebe Eltern!

Faschingmontag! Aber kein Faschingmontag wie es sonsten war. Statt daß wir beim Tanze u. Vergnügen sind, sind wir jetzt im öden kalten Schützengraben. Auch bei Euch zu Hause wird sich der Faschingmontag etwas anders gestalten wie in den vergangenen Jahren. Es wird aber auch kein Mensch arg nach Vergnügen Bällen Kränzchen u ect. verlangen, denn jetzt in dieser ernsten Zeit hat wirkl. ein jeder Mensch wichtigere Aufgaben, als solchen einfältigen Lustbarkeiten nachzujagen. Wie ich auch Eurem letzten Brief entnommen habe, habt ihr zu Hause auch immer schweren Stand, wenn alles so riesig teuer ist. Wenn das Ding so weiter geht, werden die ärmeren Leute noch böse Zeiten bekommen. Es wird noch so weit kommen, daß man ums teure Geld nicht mehr alles kriegt. Das einzig Gute was wir arme Menschen noch haben, ist die Hoffnung. Wir hoffen immer es wird bald alles besser, der Krieg geht bald zu Ende, u. etc. Gut ist es vielleicht auch, daß wir überhaupt nicht wissen wie lang der Krieg noch dauert. Hätte im Anfang jemand behauptet, wir wären Mitte Februar noch in Galizien, dann hätte ihm fast ein jeder ins Gesicht gesagt, Du bist ein Narr, so lang vermag es der Staat nicht, u. bis dann sind die Leute alle kaputt. Und jetzt vermag es der Staat immer noch, u. Leute sind noch so genug, daß Ihr es gar nicht glauben würdet. Und wenn der Krieg zu Ende ist werden wieder Leute nach Hause kommen vielmehr als man erwartet, es sind noch nicht gar so viel tot, wie manche Leute glauben.

Beim Göte hat man uns schon einige Päckle abgeschickt v. denen wir nur zwei erhalten haben. Habt Ihr uns noch nichts abgesandt?

Den Schnee hats bei uns jetzt wieder allen geputzt, und es ist deshalb auch wieder etwas wärmer, aber dafür recht kolossal schmutzig auf der Straße. Nun schließe ich mit den herzl. Grüßen von uns Beiden u. verbleibe Eurer dankschuldiger Sohn Alois

8.3.1915 – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe

Liebe Eltern!
Will Euch heute nur kurz mitteilen, daß wir gestern alle 4 Päkle erhalten haben. Das war eine freudige Überraschung im Schützengraben. Innigen Dank, vom Göte kamen heute auch zwei. Letzte Woche kam ich das Volksblatt v. 19.2. zu lesen, in welchem der Brief v. Franz drin war. Gut hat er’s gemacht. Herzl. Grüße v. Alois

9.3.1915 – Pius Winkel an den Vater in Reuthe

Lieber Vater!

Habe Euren Brief erhalten wofür ich Euch vielmals danke, freute mich sehr daß ich von meinem früheren Handwerk etwas hören konnte. Wir Wälder sind alle immer noch gesund und wohl was wir von Euch allen auch hoffen.
S’Lenele wird wohl bald meinen, wann wir wieder kommen nach Hause. Haben den Speck erhalten und den Käs der uns wieder was neues war, und wofür wir euch herzlich danken. Viele Grüße sendet euch euer dankschuldiger Sohn Pius.

Auf ein baldiges Wiedersehen.

3.4.1915 – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe

Liebe Eltern u. Geschwister!

Heute am Karsamstag wollen wir auch Euer gedenken und wir entbieten Euch die herzlichsten Ostergrüße. Wir im Kriege spüren nicht viel von den Ostertagen. In seinen Gedanken ist wohl ein jeder daheim, beim hl. Grab. Aber in Wirklichkeit ist er weit entfernt von dieser Gnadenstätte. Doch es wird uns Soldaten auch so gelten. Nun wünschen wir recht frohe Ostern und bitten um auch um ein wenig Schinken.

Alois und Pius

15.4.1915 – Pius Winkel an die Eltern in Reuthe

Lieber Vater!

Da ich heute gerade Zeit finde so will ich Euch ein Kärtchen schreiben. Habe den Brief erhalten und wundert mich dass Ihr schon so lange nichts mehr bekommen habt. Wir schrieben einmal 10 Tage nicht weil keine Post wegging. Die Pakete haben wir alle bekommen wofür wir Euch tausendfach danken. Wenn ihr wieder etwas schickt so wisst, ich bitte um ein Hemd, aber es muss kein neues sein und kein Militärhemd. Nun seid tausendfach gegrüßt von Euren Söhnen Pius und Alois

20.4.1915 – Pius und Alois Winkel („geschrieben im grünen Wald“) an die Eltern in Reuthe

Lb. Eltern u. Geschwister!

Den heutigen schönen Frühlingstag will ich benützen, Euch wieder einmal ein Lebenszeichen von uns zu geben. Gott sei Dank sind wir immer noch gesund und heil. An Appetitlosigkeit leidet auch keiner. Wir erwarten jeden Tag einige Päckle von Euch, aber vergebens. Habt Ihr unsere Post von den letzten Tagen nicht erhalten? Wir schrieben Euch einigemal. Seid so gut und schickt uns was unter die Zähne, die Bergluft zehrt.

Auf ein baldiges Wiedersehen Eure Söhne Alois und Pius

21.4.1915 – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe

Liebe Eltern!

Schon wieder drängt es mich zum schreiben. In seinen Gedanken ist man halt immer wieder daheim. Es soll dadurch nicht etwa gesagt sein, daß ich gerade Heimweh habe, aber sich so in Gedanken mit seinen Lieben in der Heimat unterhalten tut man sich doch gern. Wohin ist der Toni eingerückt? Jetzt werden sie ihm schon allmählich beibringen, was es heißt, Kaiserjäger zu sein.

Mit den herzl. Grüßen an Euch alle schließe ich u. verbleibe Euer dankschuldiger Sohn Alois

23.4.1915 – Pius und Alois Winkel an den Vater in Reuthe

Lieber Vater!

Der heutige Frühlingstag treibt mir den Schreibstift in die Hand ein Kärtchen zu schreiben. Bald ist es schon Mai und das liebe Vieh kann sich auf der grünen Weide wieder ergötzen, könnte ich nur auch bei diesem Treiben und Schellen dabei sein. Hier in dieser Gegend ist es noch rot über die … und der Regen wird das Gras bald zurück haben. Vielleicht sind wir auch wieder in der lieben Heimat bis es wieder rot wird auf der Heide. Nun hoffe dass Euch diese Karte gesund und wohl antreffe wie sie uns verlässt Grüße Euch Eure Söhne Pius u. Alois

Sterbebild Pius Winkel – 5.5.1894 + 2.5.1915

6.5.1915 – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe

Paket erhalten. Hat mich riesig gefreut.

Herzl. Gruß Alois

Andermal mehr.

10.5.1915 im Felde – K.u.K. 3 Regiment der Tiroler Kaiserjäger an die Gemeindevorstehung Reuthe

Teile anhier der löbl. Gemeindevorstehung mit, dass Jäger Winkel Arthur Pius so wie viele andere Vaterlandsverteidiger am 5. Mai 1915 auf dem Felde der Ehre gefallen ist.
… Kaiserjäger war ein … Vaterland kämpfender Krieger ….  einen unvergesslichen Helden …

(Rest unleserlich)

21.5.1915 – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe über Tod von Pius

Lb. Eltern u. Geschwister!

Schmerzerfüllt gebe ich Euch bekannt, daß unser lb. Bruder Pius am 2. Mai bei Lupza an einer Schrapnellverwundung gestorben ist. Die Kugel traf ihn gut, mitten in den Bauch, so daß er auch sofort tot war. Er starb ganz sanft u. ruhig, ohne auch nur einen Seufzer zu tun.

Ja, lb. Eltern! Der 2te Mai war ein Tag, wie ich einen solchen in den fünf Monaten meines Hierseins noch keinen erlebt habe.

Ich will Euch den Verlauf dieses Tages kurz beschreiben. Am ersten Mai Abends sobald es dämmerte rückten wir langsam an die feindlichen Stellungen vor. Wir wussten jedoch noch nicht, daß ein Angriff geplant war. Verdächtig kam es mir allerdings vor, denn das ganze Tun u. Treiben ließ auf einen nahen Angriff schließen. In der selben Nacht griffen wir jedoch noch nicht an, sondern verbrachten die Nacht an einer vor dem Feind gedeckten Stelle. Am folgenden Morgen in aller Frühe begann dann der Tanz. Unsere Artillerie setzte nämlich mit ihrer ganzen Kraft u. Macht ein. An allen Ecken u. Enden krachten die Kanonen, und ein Pfeifen u. Zischen war das in der Luft, daß einem Hören u. Sehen verging. Wir konnten das Schauspiel aus der Ferne ganz schön beobachten. Entsetzlich war die Wirkung unserer schweren Granaten. Turmhoch, wie ein Springbrunnen flog die braune Erde in die Lüfte. Soweit wir die Russenfront beobachten konnten, war nichts zu sehen, als ein Erd- u. Rauchqualm. So circa gegen sechs Uhr früh rückten wir dann ganz vor, indessen die Artillerie ihre Arbeit immer fortsetzte. Scharenweise gingen unsere Leute vor, die Russen eröffneten natürlich auch gleich das Feuer, konnten aber nicht viel erzielen, weil sie immer von unserer Artillerie gestört wurden, und so dauerte es auch nicht lange, liefen die Russen massenhaft mit hochgehaltenen Händen uns entgegen und ließen sich gefangen nehmen. Und so war also der Sturm auf die erste Schwarmlinie bereits vollbracht, und wir rückten langsam u. vorsichtig an die zweite heran. Als wir so vorrückten konnte auch die russische Artillerie uns gang tüchtig unter Feuer nehmen.

Wir mussten uns also so schnell wie möglich eingraben um uns einigermaßen zu schützen. Es rückte schon gegen Mittag, als wir uns schon ziemlich gut eingegraben hatten trotzdem uns die Russen fortwährend heftig beschossen. Doch schließlich nahm der Russ unseren Abschnitt derart ins Feuer, daß ein Aushalten fast unmöglich erschien, aber trotzdem wichen wir keinen Schritt zurück. Furchtbar waren die Wirkungen dieser Granaten u. Schrapnelle, Gang verschüttet hat und wir eins übers anderemal mit dem Erdreich, welches diese eisernen Elemente in die Luft spritzten. Ich war so ungefähr 8 Schritte vor Pius eingegraben, so daß wir einander während der Kanonade nicht sahen und nicht verständigen konnten. Als dann das Bombardement einigermaßen nachließ richtete ich mich auf und rief zu Pius hinüber: „Hat es dir nichts getan.“ Mir hatte nämlich am linken Oberarm ein Schrapnellstück eine tüchtige Schlappe beigebracht. Auf meine Frage ob es ihm nichts getan habe, gab er mir keine Antwort. Da ließ es mir keine Ruhe mehr, ich ahnte das Geschehene und kroch schnell zu ihm hinüber, aber welch ein Anblick. Ganz bleich im Gesicht, lag er drin in seiner Deckung, u. ich sah sofort, daß er tot war. Neben ihm waren auch noch zwei verwundet worden vom gleichen Schrapnell. Die Sanität hat ihn dann am anderen Tag beerdigt, so liegt bei 7 anderen Kaiserjägern und Russen. Das Bombardement dauerte fort, bis die Russen am 4. Morgen verschwunden waren. Da hieß es nun verfolgen. Und seitdem wird er verfolgt, er kann sich nicht mehr festhalten. 100 km kleken nicht mehr, daß er zurück hat müssen.

Lb. Eltern! Ihr werdet ganz trostlos sein über den Verlust, aber ich sage Euch grämt Euch nicht zu sehr, er starb ja gut und wir haben jetzt einen Fürbitter im Himmel. Gott hat ihm das Leben gegeben, er hats genommen.

Habe früher keine Zeit gehabt Euch zu berichten, da wir immer die Russen verfolgen mussten und daher keine Rast u. keine Ruhe hatten.

Dem Vater wünsche ich eine gute Besserung zu seiner kranken Hand. Herzl. Grüße an Euch alle, an Nachbarn u. auch an Herrn Pfarrer von Eurem dankschuldigen Sohn Alois

Bin jetzt Ordonnanz u. komme wahrscheinlich z. Train wo ich weniger in Gefahr bin.

Brief von der Mutter und vom Vater und einige Karten von Teres habe ich alle mit Freuden erhalten

31.5.1915 – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe

Lb. Eltern u. Geschwister!

Wie ich Euch bereits vor einigen Tagen schon mitgeteilt, bin ich seit dem 23sten Mai dem Provianttrain zugeteilt. Zufällig ist auch Sattler Kohler von Andelsbuch beim Train als Sattler, u. ich habe Gelegenheit, alle Tage mit ihm zusammen zu treffen. Auch Franz Josef Ratz v. Baien ist bei unserem Train, was mich sehr freut; denn da hab ich doch jemand bekannten an der Seite. Das Liebesgabenpaket ist bis heute noch nicht angekommen. Indessen herzl. Grüße von Alois. herzl. Grüße von Fr. Jos. Kohler Sattler (eigenhändig)

Sattler Kohler: Franz Josef Kohler, Andelsbuch, 1.7.1885 – 15.3.1972
Franz Josef Ratz, Reuthe Baien: 19.3.1887 – 9.8.1915 gef. Italien

Franz Josef Ratz, Reuthe
Franz Josef Ratz, Reuthe

3.6.1915 – Anton Winkel an die Eltern in Reuthe

Liebe Eltern u. Geschw.

Habe Euren lieben Brief erhalten und vernommen dass unser lieber Bruder Pius des Heldentodes gestorben ist, der Herr gebe ihm die ewige Ruhe! Wir fühlen vom Kriege noch nichts nur dass unsere Artillerie hie und da auf eine Italienerstellung feuert. Der Lump hat keine Schneid uns anzupacken wir warten mit Sehnsucht darauf. Standschützen sind bei uns 10 Mann. Mit Geld bin ich noch gut versehen. Kaufen kann man selten was und die Menage ist auch besser.

Die herzlichsten Grüße von Tone

9.6.1915 – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe

Lb. Eltern!

Heute in den Besitz von Mutters Brief v.31.5. gelangt. Ich dachte mir schon, daß Ihr von anderer Seite früher erfahren werdet, als von mir. Aber mir war es nicht möglich gewesen, Euch früher zu benachrichtigen; denn damals hatten wir es zu streng. Am Tage strenge Märsche, u. bei der Nacht ins Gefecht. Und so mußte ich es halt gut 14 Tage verschieben. Das gute an der Sache ist doch daß, man weiß wo er ist, u. wie es gegangen ist. Es gibt hier sehr viele Fälle, wo man nicht weiß, ob einer gefallen oder gefangen ist. Das ist dann für die Hinterbliebenen der allergrößte Kummer. Da kann man sein Lebtag keine Ruhe finden. Grad am 2. Juni ging es mit unseren wieder so; man weiß nicht wo sie hingekommen sind; sie sind einfach vermißt. Der Ignaz Wüstner (Seiler) v. Mellau ist am 2. Juni auch in Gefangenschaft geraten. Ich bin froh daß ich nicht bei der Komp. war, sonst wäre ich vielleicht heute auch nicht mehr. Daß ich beim Train bin habe ich Herrn Hauptmann Pfrogner zu verdanken. Der hat mir dazu verholfen. Pius lag am 21. Mai gerade neben dem Hauptmann eingegraben, u. wenn der Hauptmann nicht gerade im selben Moment wo die Schrappnell einschlug, aus der Deckung geflogen wäre, so wäre er auch ganz sicher tot. Dem Hauptmann sein Mantel flog mir auf den Rücken trotzdem ich etwa 10 Schritte von ihm entfernt war. Ganz zerfetzt war der Mantel so daß er nicht mehr getragen werden konnte. Nachträglich erkundigte er sich über unsere Familienverhältnisse und wie er erfuhr, das daß schon der zweite Bruder sei der gefallen ist, drückte er sein Bedauern aus u. meinte, unsere Familie habe es arg mitgenommen. Daraufhin sagte er, damit wenigstens ich noch nach Hause komme, wolle er mir um eine Stelle beim Train schauen, u. ich bin ihm auch recht dankbar dafür. Uns beide hatte er überhaupt gern, sonst ist er furchtbar streng, aber wenn einer seinen Dienst genau macht, u. a bissl a Schneid zeigte war er der beste Mensch.

Wir machen Euch wenigstens nicht zu Schanden. Feig sind wir nicht gewesen.

Nun seid tausendmal gegrüßt v. Eurem Sohn Alois

11.6.1915 – Anton Winkel an den Vater in Reuthe

Lieber Vater!

Habe Euren Brief wie auch den von Mutter und Theres erhalten die Post arbeitet jetzt gut, der Brief von Mutter und Theres hatte nur 4 Tage, Während wie von Anfang 15-20 Tage hatten. Wir sind bis jetzt immer vom Feinde verschont geblieben, weil er sich auf unserer Seite zurück zieht, um uns anders zu fassen, wir sind hier alle voller Siegeszuversicht und erwarten mit Sehnsucht den Feind. Wir hören jetzt nur Kanonendonner und sehen hie und da feindliche Schrapnelle krepieren, machen aber wenig Schaden. Kaufen kann man hier nichts, außer wenn der Koch einen Käs bringt und dann kostet 1 Kilo 5 Kronen, gewiss ein schönes Geld, hab noch 45 K bei mir, also genug.
Muss jetzt mein Schreiben schließen denn es geht zum arbeiten. Es grüßt Euch alle Euer Sohn und Bruder Anton. Grüße auch an die Nachbarn.

Anton Winkel an den Vater in Reuthe

13.6.1915 – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe

Lb. Eltern u. Geschwister!

Mutters Brief vom 31.5. Thereses Karte v. 2.6. u. Vaters Brief v. 4.6. erhalten. Von Franz Josef habe ich nie etwas erhalten. Ich weiß nicht, ob er vielleicht eine falsche Adresse hat, oder was da fehlt. Die Liebesgabenpakete sind immer noch nicht angekommen. Wenn Esswaren drin sind werden sie wohl verdorben sein. Heute wird man dem Pius das Kreuz gesteckt haben. Ich gedachte  immer auch im Gebete. Möge Euch der liebe Gott die Gnade u. die Kraft geben, auch diesen schweren Verlust  zu ertragen. Andermal mehr, der Arm tut mir weh. Wir werden alle Woche geimpft. Herz. Gruß v. Alois

25.6.1915 – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe

Lb. Eltern u. Geschwister!

Vorgestern kamen endlich die Liebesgaben an. Die Herren Transportleiter kamen mit, bis zu uns. Es kamen sehr viel schöne Sachen an, auch mein Paket, welches mich sehr freut. Gestern war bei uns großartige Custozzafeier mit Feldmesse u. Musik. Tone hat mir kürzlich auch geschrieben. Herr Pfarrer v. Reuthe schickt mir jetzt alle Wochen den Landboten. Der Ant. Feuerstein hat gestern die große silberne Tapferkeitsmedaille erhalten. Herz. Grüße Alois

2.7.1915 – Anton Winkel an die Eltern in Reuthe

Werthe Eltern und Geschwister.

Endlich finde ich Zeit euch einmal wieder ein paar Zeilen zu senden, bin gesund und munter was ich von Euch allen auch hoffe. Bei mir ist’s immer s’Gleiche tags arbeiten und nachts Posten brennen, sind hier kalte Nächte der Wind bläst furchtbar und das Wetter hier ist unbeständig. Mit dem Italiener ist es immer s`gleiche der Kerl hat einfach keine Schneid, werden ihn aber schon noch bis nach Rom treiben helf ihm Gott dem Feigling. Wir habens sonst gar nicht so ohne, schlafen in den Schützengräben, wir sind wie Brüder miteinander einer hilft dem andern. Wie geht’s den Brüdern, habe beiden geschrieben, sind sie gesund, wir wollens hoffen. Müßt Ihr schon fest heuen wie geht’s mögt Ihrs ermachen.

Was hört man drin vom Krieg ist er bald aus, mit dem Russen wird man wohl bald fertig sein und der Welsche muß auch Haar lassen wenn wir ihn nur anpacken dürfen. Hurrah! Das wär ein Leben, da hätt das Leben einen neuen Reiz, so ist es furchtbar langweilig. Für die Schuhe hab ich 6 K bekommen das andere bekomm ich später. Geld hab ich genügend, man kann nur hie und da was kaufen und dann aber ists teuer. Löhnung bekommen wir alle 10 Tage 4 K. Hab heut mein Messer verloren und das ist lästig da man keines kaufen kann und wenn einer eines hat verlangt er 3-4 K dafür, eine Schurkerei. Möchte Euch also bitten mir ein Feldpostpaket zu schicken und ein Messer und einen Tintenblei beilegen. Muss jetzt mein Schreiben schließen mit vielen Grüßen an Euch alle Euer Sohn und Bruder Tone

3.7.1915 – Anton Winkel an Bruder Jakob im Schwabenland

Lieber Bruder!

Endlich finde ich Zeit, dir eine Karte zu schreiben, bin gesund und munter, was ich von Dir auch hoffe. Bin jetzt schon 6 Wochen im Feld vom Krieg aber wenig gespürt, nur Artieleriekämpfe und Patrolenzusammenstösse gabs. Tags müssen wir arbeiten und Nachts Posten brennen. Die Gegend hier ist sehr schön, haben eine herrliche Aussicht auf den Gardasee, weiß sonst wenig neues, wie stets bei Euch mit Heuen und mit allem möglichen … , schreib mir auch einmal. Viele Grüsse dein Bruder Tone

Die herzlichsten Grüße an Familie Bräuchler

10.7.1915 – Anton Winkel an Schwester Johanna

Liebe Schwester!

Habe Deine Karte gestern erhalten und hab mich sehr gefreut, dass du auch was hören lässt. Habe vom Pfarrer und Götes Josef gestern auch eine Karte erhalten. Den Koffer mussten wir in Trient lassen, wurde dann nach Lambach geschickt, wo jetzt das Kader ist. Hab’s Euch schon früher geschrieben. Habt ihr meinen Brief erhalten, ich glaub schon. Weiß nichts neues, bin gesund und geht mir gut was ich von Euch auch hoffen darf. Ich schlliesse mit den herzlichsten Grüssen an Dich und alle

dein Bruder Tone

11.7.1915 – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe

Lb. Eltern!

Erst heute komme ich dazu Euer letztes Schreiben zu beantworten. Wir befinden uns auf dem Vormarsch nach Russland und da gibt es wenig freie Zeit. Wir sind schon ein hübsches Stück drinnen im Reich der Molkali (?). Der Josef Anton Feurstein vulgo Sutter soll auch gefallen sein, wie ich gehört habe. Er hatte die große silberne Tapferkeitsmedaille gehabt. Schade um den Kerl er war hier ein ganz netter Kerl. Herzl. Grüße v. Alois

(Anmerkung: Josef Anton Feuerstein, geb. 25.10.1894 in Mellau, gefallen am 8.7.1915 in Lublin, Polen – Eltern Josef Anton Feuerstein aus Reuthe und Elisabeth Sutter aus Mellau)

1.8.1915 – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe

Lb. Eltern u. Geschwister!

Heute in Wien. Auf nach Süden

Herz. Grüße v. Eurem dankschuldigen Sohn Alois

1.8.1915 – Anton Winkel an die Familie in Reuthe

Liebe Eltern und Geschwister!

Die letzten Grüsse aus Süd Tirol, fahren heute weg, wohin unbekannt. Habe die Karte von Theres erhalten und auch 2 Pakete, eins mit Fleisch das andere mit Wäsche. Die herzlichsten Grüße, auf ein friedliches Wiedersehen.

Euer Sohn und Bruder Tone
Lebt wohl!
Heil und Sieg

2.8.1915 Villach – Anton Winkel an den Vater in Reuthe

Liebe Eltern und Geschwister

Soeben hier angekommen, geht an die Front, wollen den Pelz schon hauen, die Adresse schreib ich später.

Habe die Pakete alle 3 erhalten und danke vielmals dafür.

Es heißt einsteigen.

Gruss Tone

4.8.1915 im Felde – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe

Lb. Eltern!

Gestern feierten ich und Tone freudiges Wiedersehen. Wir kämpfen jetzt auch gegen den Welschen. Das Marschbattalion bei welchem Tone war ist jetzt ins Regiment eingeteilt und wir werden also fortan beieinander sein. Wollen wir sehen wie wir den Italiener nigeln können. Dem Russen haben wir es wüst gemacht.
Herzl. Grüße v. Euren Söhnen Alois u. Tone

5.8.1915 – Anton Winkel an die Familie in Reuthe

Liebe Eltern und Geschw.

Wie ich Euch mitgeteilt habe, bin ich am 1. August von Süd-Tirol weggefahren nach einer anderen Front. Hab vorgestern auch Bruder Alois getroffen und noch mehrere Bekannte. Ich treffe Alois alle Tageein paar Mal, gestern Abend machten wir Schweinsbraten mit Reis, war tadellos. Ich bin jetzt nicht mehr bei den alten Bekannten, wir sind alle anders eingeteilt worden, bin jetzt bei der 2. Komp., gefällt mir vorzüglich, haben einen guten Leutnant. Heut Vormittag war Feldmesse, war wunderschön. Wir waren Kompanieweise aufgestellt, während der Messe spielte die K.K. Regimentsmusik die deutsche Singmesse: Hier liegt vor deiner Majestät und Großer Gott wir loben dich, zuletzt das Kaiserlied, und Generalabsolution, auch eine schöne Predigt wurde gehalten. War wirklich rührend, vor uns Kanonendonner und hier die heimelige Messe. Wir marschieren schon bald an die Front, wann weiß ich noch nicht.

Sonst weiß ich wenig neues, werde wieder schreiben wenn ich in einem Gefecht gewesen bin. Hauen werden wir den Italiener daß a Freud ist. Lebt wohl, auf Wiedersehen! Es grüßt Euch herzlich Euer Sohn und Bruder

Tone

Gruß von Alois!

11.8.1915 – Anton Winkel an die Familie in Reuthe

Werthe Eltern u. Geschw.

Hoffe dass Ihr meine Karten alle erhalten habt, daß ich von Tirol weg bin, und daß ich Alois getroffen habe werdet Ihr wissen.

Am 9. August kam hier Franz Josef Ratz unglücklicher weise ums Leben. Alois wird’s Euch schon geschrieben haben. Sonst geht’s mir ganz gut was ich von Euch auch hoffe.

Viele Grüsse von Tone

8.9.1915 im Felde – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe

Liebe Eltern!

Muss Euch leider mitteilen, daß ich mich gegenwärtig in finanziellen Schwierigkeiten befinde, was mir bisher im ganzen Feldzug noch nie passiert ist, und ich ersuche Euch daher freundlichst, mir etwas Geld zu senden, da ich mir noch dieses und jenes anschaffen möchte.  Meine bitte nochmals wiederholend grüßt Euch herzl. Euer dankschuldiger Sohn Alois

9.9.1915 – Anton Winkel an die Familie in Reuthe

Liebe Eltern und Geschwister

Muss Euch auch wieder einige Zeilen zukommen lassen, weiß zwar nichts neues, ist immer der alte Tant. Alois hab ich 14 Tage nicht mehr gesehen, auch treffe ich bereits keine Bekannten mehr, die Bezauer sind alle von mir weg. Seit dem 1. ist die Feldpost 98 offen, gehen also kleine Pakete. Es grüßt Euch alle herzlich Tone

Schreibt auch wieder

10.9.1915 im Felde – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe

Liebe Eltern!

Nicht wenig überrascht haben mich heute die zwei Pakete von Euch. Ganz unerwartet kamen sie. Viel tausend Dank dafür. Die Spritzkrapfen waren ausgezeichnet. Schokolade schickt mir lieber keine mehr, ich mag ihn nicht gern. Meinen Dank nochmals wiederholend grüß ich Euch herzl. und verbleibe Euer dankschuldiger Sohn Alois.

19.9.1915 im Felde – Anton Winkel an die Familie in Reuthe

Liebe Eltern und Geschw.!

Den Brief von Theres erhalten und hab Ihr gestern schon geschrieben. Die Paketle hab ich beider erhalten, wofür ich Euch herzlich danke. Das Zeug war gut blos wars halt wenig. Es gehen jetzt alle Wochen die ersten drei Tage größere Pakete, und möchte Euch bitten, mir eines zu schicken mit Esswaren, am besten Käse, hab nämlich die Scheiß daß es nur so spritzt und da möchte ich a bisserl etwas gutes zum Essen, denn der scharze Kaffee macht es immer ärger. Ihr werdet jetzt das meiste unterm Dach haben, habt ihr viel Heu? Ist das Vieh schon von den Alpen gekommen, der Hermann soll mir einmal etwas von der Ökonomie schreiben. Die sonstigen Neuigkeiten hat mir Theres geschrieben. Die Reuthinger Standschützen haben scheins Hoffnung auf baldige Heimkehr, was bei mir nicht der Fall ist, den Winter heißt’s schon noch mitmachen, oder gibt’s bald Frieden. Treffe hier wenig Bekannte, Alois hoffe ich bald zu treffen. Sonst weiß ich wenig neues, ist immer der alte Dreck. Am liebsten ging ich bald ins Ländle, kann vielleicht noch dauern. Schließe mein Schreiben mit den herzlichsten Grüssen an Euch alle von Eurem Sohn und Bruder

Tone

19.9.1915 – Anton Winkel an die Mutter

Liebe Mutter!

Muß Euch nun auch einmal eine Karte schreiben, hab vorgestern einen Brief nach Hause geschickt, werdet ihn erhalten haben. Winterwäsche brauche ich noch keine, Hosenträger könnt ich brauchen. Gehen jetzt auch größere Pakete, wenn ihr’s richten könnt so schickt mir Käs oder was, denn hier ist alles schrecklich teuer. Geld hab ich genug, hab Alois 14 Kreuzer gegeben, treffe ihn jetzt öfters.

Die herzlichsten Grüße von Eurem Sohn Tone

19.9.1915 im Felde – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe

Liebe Eltern!

Heute in den Besitz der 30 K. gelangt. Ich danke Euch vieltausend Mal dafür. Es war mir eigentlich recht unangenehm, Euch in dieser schlechten Zeit, wo niemand etwas verdienen kann, um Geld anzupumpen. Ich war schon längere Zeit ohne Geld u. ich verschob es so lange wie möglich Euch um Geld anzugehen, aber weil ich es nun so notwendig brauche mußte ich dann doch darum bitten. Ich weiß es gut genug, daß Ihr Euch jetzt Tag u. Nacht abmühen u. plagen müßt um etwas zu verdienen. Es ist wohl traurig genug wenn ein alter Vater u. eine Mutter in ihren alten Tagen noch mähen u. schinden müssen wie es heuer der Fall war. Wie ist es eigentlich mit der Unterstützung, zieht Ihr immer noch etwas? Hoffentlich wohl.

Tonen treffe ich jetzt wieder fast alle Tage. Jetzt wäre er wieder lieber Metzger als Kaiserjäger. Bisher war er noch nie in einem Gefecht, wenn er dann erst einmal in ein solches kommt, dann wird es erst einmal recht klar was es heißt Kaiserjäger zu sein.  

Wie ich aus den Zeitungen erfahren habe, ist wieder die Maul- Klauenseuche bei Euch. Ich glaube, die Leute daheim haben es bald schlechter wie wir im Felde. Wir haben doch gesorgtes Brot, die armen Leute daheim hingegen müssen sich darum streiten. Jetzt ist bei uns die Verpflegung weit besser wie anfänglich. Ich schau  besser aus wie daheim, ich bin nicht mehr so bleich. Tone hingegen ist etwas magerer.

Nun schließe ich für heute, indem ich meinen Dank nochmals wiederhole, u. verbleibe Euer dankschuldiger Sohn Alois

22.9.1915 – Anton Winkel an Bruder Hermann in Reuthe

Lieber Bruder!

Wie geht’s dir zuhause bist gesund und munter was ich Gott sei Dank auch bin. Wie stehts mit der Ökonomie, ist das Vieh schön, habt Ihr viel Heu, schreib mir einmal solche Neuigkeiten? Meinst mußt auch bald spielen? Auf baldiges Wiedersehen hoffend grüßt dich und alle dein Bruder Tone

25.9.1915 – Anton Winkel an die Familie

Liebe Eltern und Geschw.

Meine Post werdet Ihr wie ich hoffe erhalten haben, bin gesund was ich von Euch auch hoffe. Gestern besucht uns Seine Kaiserliche Hoheit Erzherzog Karl Franz Josef. Er war sehr freundlich. Bruder Alois treffe ich auch hie und da. Von Götes Emma habe ich letzte Woche ein Paketle Landjäger erhalten. Es gehen jetzt auch große Pakete, gestern kamen einige Wagen hier an. Es grüßt Euch alle herzlich Euer Sohn und Bruder Tone.

Schreibt mir von Götes Rosina die Adresse.

„Götes Rosina“

25.9.1915 im Felde – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe

Liebe Eltern u. Geschwister!

Gestern in den Besitz der Karte vom 21.9. gelangt u. vernommen, daß Löchle Babl gestorben ist. Unsere Gemeinde hat seit Anfang des Krieges grad schon viele Leute verloren. Gestern besuchte uns sein K. Hoheit der Thronfolger. Ist ein recht freundlicher Mann, er sprach viele von unserer Mannschaft persönlich an. Daß ich das Geld erhalten habe, teilte ich Euch bereits früher schon mit. Herzl. Grüße von Eurem Sohn u. Bruder Alois

Anmerkung: „Löchle Babl“ = Barbara Kaufmann (Schwester von Toblars Kaspar, Vorsteher), 14.1.1851 – 20.9.1915

Maria Barbara Kaufmann, Reuthe, Hof 6 – 1851 bis 1915

7.10.1915 – Anton Winkel an die Eltern in Reuthe

Liebe Eltern und Geschwister!

Endlich finde ich Zeit Euch eine Karte zu schreiben. Euer erstes Paket hab ich am 3. erhalten wofür ich Euch herzlich danke, hab Alois auch was gegeben. Am 4. fuhren wir weg wo wir waren und gestern kamen wir hier an. Kommen jetzt an eine andere Front, paken den Welschen in den Bergen. Die besten Grüße von Eurem Sohn und Bruder Tone

9.10.1915 im Felde – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe

Lb. Eltern u. Geschwister!

Habe Euch bereits gestern mitgeteilt wo wir jetzt sind. Es ist hier recht schön, u. viel die gesündere Luft als im Küstenland. Wenn Ihr mir wieder schreibt, bitte die neue Feldpostnr. 207 zu beachten. Indessen herzl. Grüße v. Eurem dankschuldigen Sohn u. Bruder Alois

10.10.1915 – Anton Winkel an den Vater in Reuthe

Lieber Vater!

Muß Euch mitteilen, daß wir jetzt eine andere Feldpost Nr. 207 haben, und jetzt in einer anderen Gegend sind. Wär hier sehr schön wenn wir bleiben könnten aber es geht bald gegen den Verräter. Gestern hab ich wieder einmal die Kommunion erhalten. Es grüßt Euch alle herzlich Tone

17.10.1915 im Felde – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe

Lb. Eltern!
Die herzl. Grüße aus dem Hochgebirge. Bin beinahe 3000 mt. hoch oben. Hat schon mehr als knietiefen Schnee, u. ist schon grimmig kalt dabei. Wenn möglich, würde es mich freuen, wenn Ihr mir Socken u. Handschuhe schicken würdet. nochmals herzl. Gruß v. Alois

22.10.1915 – Anton Winkel an die Familie in Reuthe

Liebe Eltern und Geschw.

Von Euch gestern das 2. Paket erhalten meinen herzlichen Dank, kann das Zeug schon brauchen, kaufen kann man nichts und Hunger hat man immer. Wenn auf Feldpost 207 kleine Pakete gehen, könntet ihr mir einige Paar Socken schicken. Neues weiß ich wenig, das Wetter ist schön, wenns so bleibt bin ich zufrieden. Die herzlichsten Grüße an Euch alle Tone

24.10.1915 im Felde, nachmittags 2 Uhr – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe

Liebe Eltern!

Gerade jetzt beschießen die Italiener unser Hüttlein mit Granaten. Wir kauern uns an die Wände, damit uns im Falle, daß sie uns in die Hütte treffen, nichts passieren kann. Auf uns haben sie es schon ganz extra abgesehen. Gott sei Dank haben sie uns noch nie herein getroffen. Recht gemütlich ist es nicht, wenn diese eisigen Ungeheuer einem überall aufs Leben gehen.
In der Hoffnung, daß uns heute keiner mehr trifft, grüßt herzlich Alois.

31.10.1915 in den Dolomiten – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe – Gedicht

Lb. Eltern!

Da mir manchmal die Zeit lang wird, habe ich zu dichten angefangen, u. folgendes Gedicht gemacht.

Italiener-Krieg

Wer kennt wohl  nicht von Euch Daheim

die rauhen Dolomiten,

In denen schon seit Monaten

so heiß wird rumgestritten

Wer uns zu diesem Streite zwang,

Brauch ich nicht zu erwähnen,

Das weiß heut wohl ein jeder Mann.

Es sind die Welschen, die Hyänen.

In diesem Kampfe griffen

nun wir auch tüchtig drein.

Wir wollen’s den Hunden zeigen,

daß wir Kaiserjäger sein.

Bei uns da gibt es kein Zaudern,

wir kennen kein Pardon,

wenns manchmal auch erschaudernd,

wir rennen nicht davon.

Wenn auch Schrapnelle und Granaten,

Tod und Verderben speih`n,

das macht uns nicht verzagen,

wir blicken mutig drein.

Und wenn dann zum Schluß die Tschinggerl noch,

mit Sturmangriff probieren,

Deswegen verlieren wir nicht den Kopf,

wir werden’s schon kurieren.

Wir lassen sie zuerst einmal,

ganz ruhig näher schleichen,

dann spannen wir den Hahnen an,

und lassens einmal pfeiffen.

Bumm! ein Krach! Ein Schrei,

Aus Dutzenden von Kehlen,

Ein Zeichen, daß bei den Kaiserjägern

nicht alle Schüsse fehlen.

So wiederholt sich dann das Spiel,

immer aufs neue wieder,

sodaß zum Schluß gar nicht mehr viel,

von dem G’sindel bleiben über.

Die anderen packt dann all ein Graus,

sie wollen nicht mehr weiter,

sie fliehn in alle Welt hinaus,

und der Angriff ist gescheitert.

So hauen  wir`s, die Kaiserjäger

vom dritten Regiment.

Und es weiß es auch bereits ein jeder,

der unsere Firma kennt.

Gedichtet am 30. Oktb. 1915 in den Dolomiten von Alois Winkel aus Reuthe.

1.11.1915 im Felde – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe

Liebe Eltern!

Wir haben heute eine rauhe Allerheiligen; den ganzen Tag Schneesturm. Habt Ihr mein Gedicht erhalten, welches ich gestern an Euch abgesandt habe? Eine kleine Bitte hätte ich noch an Euch; nämlich eine Tabakspfeife hätte ich gern, damit ich für die Langeweile ein wenig rauchen könnte. Aber eine hölzerne möchte ich am liebsten, und dazu etwa 2 bis 3 Reserve Spitzen. Meine Bitte nochmals wiederholend, grüßt Euch herzlichst Euer dankschuldiger Sohn Alois.

7.11.1915 im Felde – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe

Lb. Eltern!

Paketle alle drei erhalten, wofür ich bestens danke. Pelzweste braucht Ihr mir nicht zu senden, da wir welche ausgefaßt haben.

Lepölder Jokele soll gefallen sein. Wo war er denn eigentlich in letzter Zeit? Früher war er doch bei der Festungsartillerie. u. da glaube ich kaum, daß ihm etwas passiert wäre. Woher wißt Ihr, daß Mahlers Josef gefallen ist?

Heute haben wir wieder wunderschönes Wetter, die letzten Tage aber waren miserabel. Mit nochmaligem Dank fürs Gesandte grüßt Euch alle Alois.

7.11.1915 – Anton Winkel an die Familie in Reuthe

Liebe Eltern u. Geschw.

Muß endlich wieder etwas hören lassen von mir, hab jetzt wenig Zeit zum schreiben. Eure Karten, Briefe und Pakete hab ich gesund und wohl erhalten, kann das Zeug wohl brauchen. Von Alois weiß ich nichts, hab ihm auch geschrieben. Schließe mein Schreiben denn ich bin ganz Schneeblind. Die herzlichsten Grüße an Euch alle Tone

Anton Winkel an die Familie in Reuthe

10.11.1915 im Felde – Alois Winkel an den Vater in Reuthe

Lieber Vater!

Heute ist bei uns der Erlass heraus, das Urlaube verteilt werden können auf Angabe von Gründen, da ich aber immer noch beim Marschzug zugeteilt bin u. dieser Zug keinen Anspruch hat, so möchte ich es mit einem Gesuch versuchen, bei welchem Ihr mir behilflich sein könnt. Drum bitt ich Euch recht herzlich, mir ein ähnliches Gesuch wie früher nach Steiermark hierher zu senden. Ich hoffe das Beste!

Bin jetzt schon eine Woche krank geht aber bis in ein paar Tagen schon wieder. Anton hat  mir vor einer Woche auch geschrieben, er ist gesund nur Langweile hat er. Alois schreibt mir nie, habe gestern beiden geschrieben.

Die Karte von Schwester Theres hab ich erhalten wofür ich ihr herzlich danke.

Beim Vetter Lorenz war ich schon wieder öfters, er lässt Euch auch immer grüßen er will nächsten Sommer, wann der Krieg zuende ist Euch einmal auf Besuch kommen.

In der Hoffnung, dass Ihr diesem meinem Wunsche entgegen kommt schließe ich mein Schreiben und verbleibe Euer dankschuldiger Sohn

Grüße an Mama u. Geschwister

18.11.1915 – Anton Winkel an die Mutter in Reuthe

Liebe Mutter!

Vor allem anderen wünsch ich Euch liebe Mutter zum heiligen Namensfeste alles Gute und daß Ihr diesen Tag noch oft erleben könnt und wenn uns Söhnen das Glück beschieden sein wird, wieder in unser liebes Elternhaus zurück zukehren, so wollen wir noch manches Jahr diesen Tag im Kreise unserer Eltern und Geschwister verbringen. Die Post von Euch hab ich alle erhalten, auch die 2 Paketle vom 1. November, nur das eine fehlt noch. Ich bin so immer ziemlich gesund, was noch das beste ist, in diesen einsamen verschneiten Dolomiten. Haben in den letzten Tagen fürchterliche Schneestürme gehabt, wovon Ihr Euch überhaupt keinen Begriff macht und ist erst November, wie wird’s weiter gehen, aber hoffentlich wird’s nicht den ganzen Winter gehen. Denkt an die Kanisfluh und noch etwa 500 m höher oben stehen wir und rings um uns solche kahle Felsen wo der Sturm prasselnd drüber fegt wo tausende in kalter Nacht ihr Vaterland vor dem tükischen Feinde schützen und viele ihr Herzblut hergeben müssen aber so Gott will werden wir doch noch als Sieger aus diesem Weltringen heim gehen. Und wenn mir das Glück beschieden ist, wieder heimzukehren zu unseren Lieben dann wollen wir Gott auf den Knien danken. Jetzt muß ich aber schließen denn es friert mich. Meine Wünsche wiederholend grüßt Euch und alle Euer dankschuldiger Sohn Tone.

Geschrieben in einem Erdloch welches 13 Mann als Unterkunft dient.

Anton Winkel an die Mutter in Reuthe

19.11.1915 im Felde – Alois Winkel an die Mutter in Reuthe

Lb. Mutter!

Vor allem andern die aufrichtigsten Glück- u. Segenswünsche zu Eurem lb. Namenstag. Möge Euch dieser Tag noch recht oft in froher Gesundheit u. Zufriedenheit beschieden sein. Will Gott können wir Euren nächsten Namenstag bei Euch daheim feiern; dann braucht Ihr nicht mehr so viel Kummer und Sorgen über uns zu haben.

Nach der gegenwärtigen Kriegslage wäre doch bald auf einen Frieden zu hoffen. Bei uns  lassen die Wetterverhältnisse vorläufig keine größeren Operationen zu. Wer kann bei so hohem Schnee u. bei dieser grimmigen Kälte etwas machen. Ich meine der Krieg nimmt sein Ende dort, wo er seinen Anfang nahm.

Nun schließe ich aber mein Schreiben für heute; denn ich habe einen schlechten Schreibtisch. Auf den Knien in einem dunklen kalten Loch muss ich schreiben. Unsere Hütte ist ganz zu vergleichen mit einem Ziegenstall. Niedrig, dunkel, kalt und als Zierde Läuse u. Mäuse.

Paket bis jetzt noch nicht erhalten.

Indessen tausend herzl. Grüße v. Eurem dankschuldigen Sohn Alois.

22.11.1915 im Felde – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe

Lb. Eltern u. Geschwister!

Heute bei wunderschönem Wetter in der allergemütlichsten Seelenstimmung senden Euch die herzl. Grüße, die gesamte Mannschaft v. d. Feldwache N. 2 u. 3.

Alois Winkel

nur Paket mit Esswaren erhalten

23.11.1915 im Felde – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe

Lb. Eltern!

Soeben Mittag 12 h fuhr eine 15 cm Granate einige Meter vor unserer Hütte in den Felsen, worauf ein ganzer Hagel von Steinen und Granaten-Stücken in unsere Hütte flog. Das ganze Dach war zu Fetzen, 2 Uhren hin, ein paar Beulen wurden davongetragen, u. dann wars vorbei. Wir hätten ganz gut alle 14 Mann hin sein können. Herzl. Grüße von Alois

25.11.1915 im Felde – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe

Lb. Eltern!

Halbelf Uhr Nachts ist, u. wir sitzen vergnügt beim warmen Ofen u. plaudern von Daheim. Schläfrig sind wir noch nicht, weil wir meistens bis Mittag liegen. Ein schönes Leben nicht wahr. Ich muss sagen, mit geht es wirklich gut. Wenn mich schon die Katzelmacher alle Tage tüchtig ins Feuer nehmen, erwischen tun sie mich doch nicht.

Viel tausend Kugeln haben sie schon auf uns geschossen, aber nie getroffen. Hab ein Riesenglück. Herzl. Grüße von Alois

27.11.1915 – Jod. Alois Felder an Familie Winkel , Französle

Werther Herr Winkel!

Im Auftrage Ihres Sohnes Alois theile ich Ihnen mit, daß derselbe gestern abends verwundet wurde und zwar ein Schuss durch die Schultern. Die Verwundung ist ganz ungefährlich und Ihr braucht Euch keinen Kummer zu machen. Wird heute ins Spital abtransportiert. Herzlichen Gruß Jod. Alois Felder, Holzhändler

Jodok Alois Felder, Bezau, Obere 125

30.11.1915 – Alois Winkel an die Fam. in Reuthe

Alois Winkel, k.k. Reservespital, Objekt 5, Bregenz

Liege verwundet hier. Schulter-Lungendurchschuss, rechts. Nicht lebensgefährlich. Mit Besuchen noch warten.
Herzl. Grüße von Alois

2.12.1915 – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe

Lb. Eltern!

Geht mir ganz gut hier. Hab allerdings zeitweilig ziemliche Schmerzen, aber das muss man überwinden. Schreiben geht schlecht, weil ich die Hand nicht gut bewegen kann. Mit Besuchen wollt Ihr noch warten weil wir dieser Tage jedenfalls in ein anderes Spital transportiert werden. Bregenz oder Umgebung. Grüße von Alois

3.12.1915 – Anton Winkel an Bruder Jakob in Reuthe

Lieber Bruder!

Deinen lieben Brief erhalten, herzlichen Dank dafür. Die Ökonomie steht also demnach gut, sie wird einen tüchtigen Verwalter haben. Bin ganz gesund wenn ich nicht soviele Nagetiere hätte könnte ich zufrieden sein. Vielleicht könntest du mir ein Mittel senden gegen diese Plagen auch ein Tabakpfeifchen könnte ich brauchen. Sei vielmals gegrüßt von deinem Bruder Tone.

4.12.1915 – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe

Lb. Eltern u. Geschwister!

Heute Karte v. 2. Dez. erhalten. Ihr fragt mich, ob ich von Tone nichts wisse. Da muss ich zur Antwort geben, nein. Ich sah ihn nicht mehr seit 15. Oktober, wie wir in Stellung gegangen sind. Hat er schon länger nicht mehr geschrieben?

Heute werde ich jedenfalls in ein anderes Spital kommen, aber wahrscheinlich nicht weit von hier. Bregenz oder Umgebung. Wenn ich dann dorten bin, werde ich Euch mitteilen, wann Ihr mich besuchen könnt. Die ersten 5 Tage mußten wir natürlich … in bleiben.

Schade, daß ich Bruder Franz nicht mehr getroffen habe. Mein Gesundheitszustand ist mit Ausnahme v. etwas Schmerzen gut. Die Wunde heilt schon ganz schön. Ihr braucht also keinen Kummer zu haben. Herzl. Grüße von Eurem dankschuldigen Sohn u. Bruder Alois

4.12.1915 – Anton Winkel an die Mutter in Reuthe

Liebe Mutter!

Euren Brief und Paketle alle erhalten. Danke vielmals dafür, a Pelztüchle brauch ich keines, verzeihe wenn ich so wenig schreibe, ich hab wenig Zeit dazu und ist auch kalt. Bin gesund und munter was das beste ist, nur Läuse habe ich wie Ochsen. Neues weiß ich nichts, es geht immer im gleichen Tempo vorwärts. Es grüßt Euch recht herzlich Tone

Anton Winkel an die Mutter in Reuthe

10.12.1915 Bregenz – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe

Lb. Eltern!

Habe bezüglich der Transverierung nach Dornbirn bereits Vorkehrungen getroffen. Herr Chefarzt hat mir bewilligt. Werde wahrscheinlich nächster Tage hinkommen. Gestern besuchte mich Post Josefo Mari und brachte mir feine Torte u. Äpfel. Meine Besuche kommen immer ganz unerwartet. Herzl. Grüße Euer Alois

14.12.1915 Bregenz – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe

Lb. Eltern!
Wie ich vermute glaubt Ihr, daß ich schon in Dornbirn wäre. Schneiders Vere wird Euch den Bericht gebracht haben. Am selben Samstag hieß es nämlich ganz bestimmt, daß wir fortkommen, und z. Schluß erfuhr man, daß kein Platz mehr in Dornbirn sei, vorläufig. Muss man halt warten. Herzl. Grüße Alois

15.12.1915 Bregenz Spital – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe

Lb. Eltern!
Zugsführer Haller und ich sitzen heute Abend gemütlich bei einem Glas Wein u. er erzählt mir von Sibirien. Er ist nämlich als Invalide ausgetauscht worden. Herzl. Grüße Alois
Viele Grüße sendet Josef Haller. Der Lorenz war mein bester Kamerad in der Offiziers Dienstzeit.

16.12.1915 – Anton Winkel an die Familie in Reuthe

Liebe Eltern u. Geschw.!

Die 2 Paketle von Euch gestern abend erhalten hat mir gut gemundet, die Bäckerei ist besser als unser Bims, auch das Pfeiferl freut mich, hab gleich eins eingefüllt.

Herzlich dankend grüßt Euch alle Tone

Brief folgt

21.12.1915 – Anton Winkel an die Familie in Reuthe

Liebe Eltern und Geschwister!

Nun muß ich Euch einmal ein Brieflein schreiben, es ist schon lange her seit dem letzten Mal. Die Post von Euch habe ich erhalten, auch den Landj. und Laussalbe. Die Salbe hab ich schon erprobt und bin zu der Überzeugung gelangt, daß sie wenig wert hat. Übrigens ist es jetzt mit den Ludern ein wenig besser. Was die Gesundheit anbelangt kann ich gerade nicht klagen, das Wetter ist jetzt ziemlich günstig, keine große Kälte. Nur noch einige Tage und das hochheilige Weihnachtsfest ist da, wenn ich so zurückdenke an das letzte Jahr da konnte ich Weihnachten noch zu Hause feiern und hauen in den heiß umstrittenen Dolomiten, welch ein Unterschied aber wegen dem wird’s feiern grad so feierlich werden, wenn wir das Stille Nacht Heilige Nacht im trauten Kreise singen werden und dabei an unsere Lieben in der Heimat denken. Ich schließe mit den besten Weihnachtsgrüßen Euer dankschuldiger Sohn und Bruder Tone.

Fröhliche Weihnachten! Heil und Sieg

23.12.1915 Bregenz – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe

Lb. Eltern!

Bin seit drei Tagen in der Mehrerau. Böhl. ?? ließ bisher noch nichts hören. Wird jetzt auch nicht mehr kommen. Herzl. Grüße Euer Alois

25.12.1915 Bregenz Mehrerau – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe

Meine lb. Eltern u. Geschwister!

Heute will ich euch nun wieder einmal einiges über mein Befinden mitteilen. Die letzten fünf Tage bin ich wieder gelegen, hatte Fieber und auch noch Angina dazu bekommen. Heute konnte ich wieder das erste mal das Bett verlassen.

Langweilige Weihnachten. Hatten gestern allerdings auch eine Christbaum-Feier, aber ich konnte nicht teilnehmen. Dafür bekamen wir auf unser Zimmer einen extra Christbaum. Wir sind nur zwei Mann allein in einem schönen Zimmer. Herr Landeshauptmann Rhomberg mit Frau u. Herr Hofrath Baldauf mit Frau u. Sohn besuchten uns und brachten Geschenke. Könnt Euch denken, daß wir uns da sehr geehrt gefühlt haben. Ich glaubte ich wäre wenigstens ein türkischer Pascha.

Von Böhl. kommt doch nichts, er bringt scheints den Mut doch nicht auf gegen mich aufzutreten.

Viele Grüße an Euch alle v. Eurem dankschuldigen Sohn u. Bruder Alois

28.12.1915 – Anton Winkel an die Eltern in Reuthe

Liebe Eltern!

Ein Paket gestern abend erhalten, herzlichen Dank für die guten Sachen, werde sie mir gut schmecken lassen. Wünsche Euch zum neuen Jahr alles gute, und wir wollen hoffen, daß dieser böse Krieg bald ein Ende nimmt. Neues weiß ich nichts besonderes, bin gesund und wohlauf. Nochmals das Beste wünschend grüsst Euch alle Tone

1.1.1916 Mehrerau – Alois Winkel an den Vater in Reuthe

Lb. Vater!

Das Geld gestern dankend erhalten. Hätte jedoch vorläufig noch keines benötigt. Herzl. Grüße an Euch Alle v. Alois

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