5 Gefallene Söhne aus einer Familie
Im 1. Weltkrieg sind aus Reuthe 82 Soldaten eingerückt (7 Winkel-Brüder vom Hof), 20 davon sind gefallen. 5 der Gefallenen waren Söhne der Familie Anna Katharina und Anton Winkel vom Gasthaus Adler im Hof 2:
Lorenz Winkel: geb. 18.6.1886 – gest. 8.11.1914
Pius Winkel: geb. 5.5.1894 – gest. 2.5.1915
Anton Winkel: geb. 10.2.1896 – gest. 20.5.1916
Alois Winkel: geb. 3.2.1893 – vermisst 10.8.1916
Hermann Winkel: geb. 23.1.1899 – gest. 21.11.1917
Im Laufe der Jahre 2014 bis 2018 werden hier nach und nach chronologisch Briefe und Feldpostkarten bzw. die Briefe, die sie vor 100 Jahren bekommen haben und noch erhalten sind, veröffentlicht (Transkription: Gottfried und Hildegard Winkel)
Gasthaus Adler in Reuthe Hof (um 1910)
21.4.1914 – Anton Winkel an die Eltern und Geschwister in Reuthe
Liebe Eltern u. Geschwister
Endlich finde ich Zeit Euch einmal zu schreiben, konnte bisher keine Adresse schreiben. Da ich nicht wusste wo ich hingehörte, sind nämlich von einer Kaserne in die andere gekommen. Jetzt sind wir in dem gleichen Haus wo Pius und Wiese waren, es sind zirka 250 Mann hier, halt eine Kompanie.
Will Euch einmal berichten wie’s beim Militär zugeht: Morgens halb 5 Uhr heißt es auf es kommt die Tagwache ins Zimmer und ruft Guten Morgen meine Herrn alles gesund niemand marod, auf. Dann springt alles auf nachher heißt’s anziehen waschen u Bajon aufmachen, Decken zusammen legen u.s.w. nachher Kaffee holen und 6 Uhr heißt’s ausrücken.
Dann müssen wir exerzieren bis 11 Uhr, nachher geht’s heim, nun ins Zimmer Bürsten holen dann wieder in den Hof und Schuhe und Kleider putzen. Nun kommt das wichtigste nämlich Menage holen, da gibt’s Suppe, Fleisch und Gemüse, wie Bohnen, Reis, Hörnle und Kartoffelsalat. Wenn das vorüber ist Rast bis halb 2 Uhr, dann wieder ausrücken bis 5 Uhr, nachher ½ bis 1 Stunde Schule, 6 Uhr Menage holen. Bis jetzt haben wir abends nur Kaffee kriagt, erst heute auch Käsnudeln. 9 Uhr muß alles auf dem Strohsack sein, so geht’s alle Tage. Heute hatte ich Zimmer Tour bei 90 Mann, aber Morgen kriagts ein anderer. Das wäre so ziemlich alles, Bims fassen wir alle 5 Tag 2 Wecken aus, übrig genug, er ist doch …
Heute um 7 Uhr fassen wir die Löhnung aus macht ein Tag 8 Kreuzer 6 Tage 48 kein großer Lohn. Sind noch am Sonntag in Trient angekommen, waren also 3 Tage in Innsbruck gewesen. Bin froh dass ich einen Wecken mithab denn so lange wir in Innsbruck waren bekamen wir kein Brot, musste sogar noch kaufen, bekamen doch wenig zu essen. Sind viele Bekannte bei mir z.B. Gallers Tonnser, Koradles Alfred, Andreslesar Ellobogo, dann noch Andelsbucher und Schwarzenberger.
Hab meine Schuhe an, man sagte sie würden bezahlt, die Kleider mussten alle ins Magazin tun. Nun muß ich schließen denn es ist bald Vergatterung, nämlich zur Löhnung.
Viele Grüße an Euch alle Euer Sohn und Bruder Tone
In Innsbruck meldete sich am 2. Tage einer marod in unserem Nachbarraum und den anderen Tag war er eine Leiche, er hatte Genickstarre.
20.5.1914 – Anton Winkel an den Vater Anton Winkel in Reuthe
Absender: Anton Winkel, 3. Reg. d. Tiroler Kaiserschützen, 1. Komp., 3. Zug, 10. Marschbattalion, Grenzschutzkommando Lenzima, Post Rovereto
An Herrn Anton Winkel, Hof-Reuthe, Post Bezau, Vorarlberg
Liebe Eltern und Geschwister
Bin jetzt nicht mehr in Trient, sind von den 3 Ersatz-Kompanien je 50 Mann die besten und dauerhaftesten fortgekommen.
Bei mir sind auch Andreslesar und Gallers Tones Jokel. Wir sind zuerst nach Rovereto gekommen und dann mussten wir noch 3 Stunden auf einen Berg wo wir jetzt beim Marschbatallion sind. Tags müssen wir Befestigungsarbeiten machen und nachts Posten stehen. Schlafen ist’s wenigste. Die Menage ist auch schmäler und kaufen kann man nichts oder nur sündenmäßig teuer. Das Wetter ist sehr schön und die Gegend auch.
Anmerkung:
Andreslesar = Josef Albert Moosbrugger, geb. 10.12.1891 in Bezau, gest. 6.12.1914 – gefallen im 1. Weltkrieg mit 23 Jahren, wohnhaft in Bezau, Ellenbogen 204
Gallers Tones Jokel = Jakob Albrecht, geb. 27.10.1896 in Bezau, gest. 13.8.1917 – als Soldat mit knapp 21 Jahren im 1. Weltkrieg gefallen, wohnhaft Bezau, Wilbinger 213
Ohne Datum, ca. 08/1914 – Lorenz Winkel an die Eltern in Reuthe
bin gut angekommen, was mit uns geschieht wissen wir noch nicht. Leute und Pferde sind viele tausende hier. Herzlichen Gruß von Lorenz
Trient, 7.8.1914 – Lorenz Winkel an die Eltern in Reuthe
Liebe Eltern!Am Samstag früh 6h35 fahren wir ab von hier aufs Schlachtfeld; wohin wissen wir nicht. Es war eine kolossale Arbeit soviele tausende von Leuten auszurüsten. Heute habe ich endlich meinen Zug, 72 schneidige Burschen in Ordnung. Ritters Joko Jaköble von Au ist in meinem Zug der einzige Bregenzerwälder. Sonst habe ich sehr viele Kollegen aus meiner aktiven Dienstzeit, welche direkt beim Hptm. gebeten haben, mit dem Zgsf. Winkel gehen zu dürfen, da sie wüssten, dass der auch kein Feigling sei. Mit solchen Leuten ist’s eine Freude in den Krieg zu gehen. Jeder ist begeistert und erwartet es kaum bis er einmal fortkommt. Wenn Ihr nur bald einmal schreiben würdet wie es zuhause hergeht, würde es mich sehr freuen. Ich schliesse mit vielen herzlichen Grüssen an Euch alle und verbleibe Euer dankschuldiger Sohn Lorenz.
Eltern Anton Winkel und Anna Katharina Winkel, geb. Wüstner, Reuthe, Hof 2 („Adler“)
Trient, 27.8.1914 – Lorenz Winkel an die Eltern in Reuthe
Liebe Eltern!
Habe die Karte von Alois am 23. d.M. erhalten, und danke Euch herzlich für Eure Grüße. Bin noch gesund und heil. Humor ist auch sehr gut. Man würde gar nicht glauben dass man im Kriege wäre. Jeder ist so gleichmütig und gut gelaunt als ob nur ein Manöver wäre. Wetter haben wir meistens gutes, selten einmal Regen, was ein großes Glück ist für uns, denn jetzt heißts immer im Freien kampieren. Strapazen gibt’s wohl genug und dort ist man dabei nicht mißmutig. Geld brauche ich keines; man bekommt hier mit und ohne Geld nichts. Götes haben mir geschrieben, sie hätten mir am 11. d.M. ein Paket geschickt, habe es aber bisher nicht erhalten und werde es auch wahrscheinlich nicht erhalten, da der Gepäckverkehr mit der Feldpost sehr beschränkt ist. Es wäre mir sehr willkommen gewesen, da der Magen oft bedenklich knurrt. Aber wie Gott will; Haut und Knochen werde ich dann wohl wieder heimbringen. Bitte mir also nichts zu schicken, da Geld nichts nützt und Pakete nur verloren gehen. Heute früh empfingen wir die Generalabsolution. Also lebt wohl, dass wir siegen für unser bedrohtes Vaterland und gesund wieder zurückkehren zu unseren Lieben in der Heimat. Seid alle herzlich gegrüßt von Eurem dankschuldigen Sohn Lorenz Winkel.
27.8.1914 – Lorenz Winkel an die Eltern in Reuthe
3.9.1914 – Lorenz Winkel an die Eltern in Reuthe
Liebe Eltern!
Zum Zeichen dass ich noch am Leben bin sende ich diese Karte. Bei uns heißts nämlich, heute rot morgen tot. Gott hat mich zwar bis her gut geschützt, doch weiss man nie, wies weiter geht. Habe schon 4 Schüsse erhalten, davon 2 leichte Verletzungen. Wir siegen Schlag auf Schlag. Lebt wohl, und seid herzlich gegrüßt von Eurem Lorenz.
Betet für mich und alle meine Kollegen.
2.10.1914 – Lorenz Winkel an die Eltern in Reuthe (letzter Brief)
Liebe Eltern!
Muss jetzt fleißig schreiben da ich diese Tage gerade Zeit habe. Wir haben nämlich ein paar Rastlager bekommen. Ich bin gesund und wohl, und hoffe auf gleiches von Euch und Geschwistern.
Sonst hats uns schon ziemlich hergenommen. Von meinem stolzen Zuge mit 72 Mann mit denen ich von Trient weg bin, habe ich noch 23, die anderen sind teils tot, verwundet und versprengt. Aber wir haben jetzt wieder Ersätze bekommen aus dem Heimatlande und so habe ich wieder 60 Mann, mit denen wir aufs neue den Kampf beginnen auf Leben und auf Tod. Auch meinen Kollegen Ritter Jakob habe ich verloren am 10.9. Er war damals noch neben mir in der Schwarmlinie, kam mit mir unverwundet zurück, und verlor dann nachträglich sein Regiment, welches er bis heute nicht erreicht hat. Wie ich aber heute von zuverlässiger Seite erfahren habe, wurde er später leicht verletzt, sei aber jetzt wieder hergestellt und in irgend einem Orte als Wärter von Gefangenen etabliert. Wäsche wäre es besser Ihr hättet uns keine geschickt, da ich sie wahrscheinlich doch nicht bekomme, und auch nicht brauche, habe mir nämlich schon solche gekauft, fasse vom Ärar noch aus und mittragen kann ich sie nicht, da wir sonst schon gepackt sind wie Lasttiere.
Also ich bitte Euch noch einmal schickt mir nichts ohne daß ich um etwas schreibe; weder Geld noch sonst etwas. Es ist ja schade um alles. Vielleicht kann ich´s zurückschicken, vielleicht muss ich alles fortwerfen.
Herzlich dankend für alles Liebe und Gute das Ihr mir erwiesen habt grüßt Euch und Geschwister aufs herzlichste
Lorenz
18.10.1914 – Lorenz Winkel an Bruder Alois Winkel
Lieber Bruder!
Habe Deine Karte vom 7.10. heute erhalten und danke Dir sehr. Bin gesund und Heil obwohl mich vor 3 Tagen eine Schrappnellkugel getroffen hat, welcher aber nur meine Kappe zum Opfer fiel, der Kopf war zu hart. Auch 2 Wälder, Hallerles Lehrer aus Mellau und Josef Übelher, Senn, aus Schnepfau habe ich an diesem Tage verwundet aus dem Gefecht getrage. Haller hat einen Fußschuß, Übelher einen Bauchschuss, an welchem er bald darauf verschied. Letzte Tage hatten wir überhaupt hitzige Gefechte. Seid alle herzlich gegrüßt von Lorenz.
Von Michelis Kaspar weiss ich nichts.
Johann Jakob Haller, 1914/15 Lehrer in Reuthe – Josef Übelher, Schnepfau
29.10.1914 – Pius und Alois Winkel an die Eltern in Reuthe
Liebe Eltern!
Endlich sind wir eingeteilt, und wissen jetzt doch wohin wir gehören. Pius u. ich sind im gleichen Zug. In unserem Zug allein sind 12 Bregenzerwälder, alle 12 schlafen nebeneinander. Gefällt uns im großen ganzen recht gut. Menage ist annehmbar. Bisher bekamen wir immer weißes Brot. Zucker ist auch im Kaffee. Seid also unbesorgt, wir hauen schon durch. Ein andermal mehr, heute keine Zeit. Adresse für Beide wie folgt:
A. Winkel Rekrut b./3ten Regiment Tiroler Kaiserjäger
3te Rekrutenabteilung
Trient Postfach No 154 Oben am Kuvert auch den Absender drauf schreiben
Trient, 1.11.1914 – Alois und Pius Winkel an die Eltern in Reuthe
Lb. Eltern u. Geschwister!
Heut an Allerheiligen habe ich grad Zeit, Euch wieder ein Brieflein zu schreiben. Heute Morgen konnten wir Rekruten gemeinsam eine Messe anhören. Es war sehr erbaulich und schön anzusehen, wie die ganze 3te Kompagnie (280 Mann) in Reih u. Glied zur Kirche marschierte, u. dort mit größter Andacht dem Messopfer bewohnte, bei dem ein Rekrut ministrierte u. ein anderer die Orgel spielte. Gesang gab’s nicht. Nun dafür kriegen wir am Abend immer genügend Ersatz. Am Abend nach Feierabend da geht immer der Teufel los. Raufen, singen, Kartenspielen, tanzen, und weiß Gott was alles schönes. Ausgehen dürfen wir noch nicht, Putzzeug haben wir alles kaufen müssen. Für die Kleider ist uns bisher ausbezahlt worden. Montur haben wir ausgefasst, aber keine Unterwäsche, ausschauen tun wir wie die Vagabunden, fliken müssen wir das uns die Ohren schlappen. Pius hat einen Rock der ihm wirklich zu eng ist, so dass er ausschaut wir ein ausgestopfter Hühnervogel. Mit der Menage kann man insoweit zufrieden sein, nur etwas zu wenig Brot fassen wir aus. Erst heute bekamen wir den ersten Bims, sonst hatten wir immer weisses Brot. Was sagt man bei Euch denn eigentlich vom Krieg gegenwärtig? Wir erfahren gar nichts. Wäre mir recht lieb, wenn Ihr mir einige Nummern v. Volksblatt senden würdet. Der Soler v. Mellau ist auch bei uns. Der ist wirklich der ärgste Gaudibruder im ganzen 2ten Zug.
Hat Lorenz u. Franz noch nicht geschrieben? Ist Tone immer noch bei Metzger? Der Sutter war auch bei uns, wurde aber heut mit noch 11 Mann zur Festungsartillerie versetzt. Unser Chargen sind alle nette Kerle. Mir ist das lernen eine Spielerei. Manch sind rechte Pappschädel, aber die lässt man extra exerzieren.
Nun schließe ich mein Schreiben in der Erwartung baldiger Nachricht, nebst Zeitungen.
Tausend Grüße von Alois u. Pius
7.11.1914 – Pius Winkel an den Vater in Reuthe
Liebe Eltern u. Geschwister!
Da ich heute grad Zeit habe so will ich Euch einiges mitteilen. Ich und Alois sind immer noch beisammen das uns sehr angenehm ist. Gestern haben wir Strohsäcke bekommen aber zuwenig Stroh, da ging es ans Raufen so daß einige ohne Stroh abziehen mussten. Bims?? Haben wir heute auch wieder ausgefasst, von gestern ab bekommen wir kein weißes Brot mehr, im ganzen großen kann man von der Menage nichts sagen. Unterkleider haben wir noch keine ausgefasst, nichts als eine Decke. Sonst sind wir gesund u. wohlauf was wir von Euch auch hoffen. Da es jetzt Nacht wird so muß ich mein Schreiben enden mit vielen Grüßen von Eurem dankschuldigen Sohn Pius
nebst vielen Grüßen von Alois
Eines noch schreibt mir auch etwas vom Viehstand.
Sterbebild Lorenz Winkel – 18.6.1886 + 8.11.1914
Wien 12.11.1914 – Dienstzettel
K.u.k. Reservespital Schwarzenbergkaserne Wien
Filiale des Rudolfspitales
Dienstzettel
Wien, am 12.11.1914
Bezüglich Ihrer Anfrage vom 10. d.M. wird mitgeteilt, dass Ihr Sohn, Zugführer Lorenz Winkel dem hiesigen Spital am 6. d.M. als an Ruhr erkrankt übergeben wurde und am 8. d.M. um 6 Uhr abends gestorben ist.
Ihr Sohn wurde im Kriegergrab des Wiener Zentralfriedhofes beerdigt.
Empfangen Sie zu dem betroffenen schmerzlichen Verluste unser wärmstes Beileid.
Unterschrift: Walke
Herrn Anton Winkel, Reute
12.11.1914 – Dienstzettel Tod Lorenz Winkel
Wien, 1.12.1914 – Kaspar Ratz an Anton Winkel
Lieber Herr Winkel,
Glaube, Ihnen eine Freude zu machen, wenn ich mitteile, daß Schwager Meusburger und ich heute am Grabe Ihres Sohnes ein stilles Gebeth verrichteten. Derselbe ist ziemlich nahe meiner unlängst verstorbenen Frau beerdigt.
Mit dem Ausdrucke der innigsten Theilnahme grüßt
Kaspar Ratz
Trient, 12.11.1914 – Alois und Pius Winkel an die Eltern in Reuthe
Lb. Eltern u. Geschwister!
Habe eure Karte erhalten, u. vernommen, dass Lorenz gestorben sei. Gott gebe ihm die ewige Ruhe; es ist ihm gut gegangnen, wenn er gut vorbereitet war, was auch unbedingt der Fall war. Er wird im Krieg genug auszustehen gehabt haben. Also lb. Eltern! trauert nicht zu sehr über ihn, er wird seinen Gott gefunden haben. Herzl. Grüße v. Alois u. Pius
15.11.1914 – Alois und Pius Winkel an die Eltern in Reuthe
Lb. Eltern u. Geschwister!
Habe den Brief von der Mutter gestern erhalten. Wie uns der Brief sagt, seid ihr alle tief betrübt über den Tod des lb. Sohnes u. Bruders. Auch uns geht es nicht besser. Wir trauern mit Euch. Dass Euch, liebe Eltern der Verlust am meisten schmerzt, begreifen wir wohl, denn so weit von der Heimat zu sterben und noch dazu unter den grössten Schmerzen. Doch! er starb ja den Heldentod, u. er wird im Himmel seinen Frieden gefunden haben. Wir werden ihn täglich in unser Gebet einschließen.
Bekommt Ihr auch Unterstützung? Wir haben schon zweimal Löhnung bekommen, im ganzen 7.62 K. Heute wurde das ganze Reg. mit Musik in die Kirche begleitet. Das war schön. Am 7ten haben wir ein kleines Manöver. Das wird interessant werden. Wir haben letzte Woche die ganze Rüstung ausgefasst. Die Praporitäten fassten wir auch aus. Alles Mögliche war da, Bürsten, Spiegel, Essbesteck, Seife, Zwirn, Wichse, Nadel, Faden, Schärpe, Putzgabel, Gewehrhut, sogar Zahnbürste. Heute dürfen wir zum erstenmal mit den Chargen ausgehen.
Herzliche Grüße v. Alois u. Pius
29.11.1914 – Pius Winkel an die Eltern und Geschwister
Liebe Eltern,
da ich heute dienstfrei bin so will ich euch einiges über mein Soldatenleben mitteilen. Vaters Brief mit Freuden erhalten und danke schön für die Nachrichten die mir der Vater berichtete.
Die Wertsendung haben wir heute erhalten, wofür wir herzlich danken, ich habe vor 3 Wochen 2 Kilo Speck gekauft, aber es war nicht die Sorte wie der unsere von der Heimat. Vor 2 Wochen habe ich vom Wüstner ein Paket Würste bekommen, kurzum zu essen haben wir genug, aber am Abend zum schwarzen Kaffee kann man den Speck schon vertragen. Ich bin gesund und munter, was ich von euch auch hoffe. Dass dem Lorenz das Kreuz gesteckt wird, hat uns sehr hart. Wir sind heute im Kloster in einer Messe gewesen, die wir dem Lorenz aufopferten. Wir können jeden Sonntag in die Kirche gehen und jede 14 Tage beichten gehen, wer will.
Bleibe heute in der Kaserne und bewache Sträflinge, denn man sagte, wer freiwillig dableiben möchte. Dachte ich man spart sich wieder einige Sechser. Jetzt fassen wir jeden Tag etwas Rüstung aus, haben Gamaschen, Tornister, Spaten, Kochgeschirr, Mäntel und noch viel so Glumb. Am 2. Dezember haben wir eine 20 km weite Übung, welche mit einem Gefecht verbunden ist, das wird schön werden, der Leutnant sagte, dass wir den Feind aber schneidig packen, wir bekommen Manöverpatronen, die besseren Rekruten, die mit den Gewehren umzugehen verstehen, wahrscheinlich geht’s nach Pergine.
Hab den Kofferschlüssel verloren, aber ich mach ein anderes Schloss hin. Bis jetzt versorg ich die wertvollsten Sachen in Alois’s Koffer. Sage nochmals dank für die Sachen, die ihr uns schickten und schließe mein Schreiben mit vielen Grüßen von eurem dankschuldigen Sohn Pius, auch ein Gruß von Alois.
Reuthe, 7.12.1914 – Mutter Anna Katharina Winkel an Alois und Pius
Liebe Söhne!
Habe gestern vergessen zu schreiben, ob ihr Leibbinden ausgefaßt habt, sonst werde ich euch schicken, schreibt mir blos gleich, damit ich alles miteinander schicken kann.
Wäre uns lieb, wenn ihr beide sich melden würdet, daß ihr könntet beisammen bleiben. Der Franz hat gesagt, daß Brüder diese Begünstigung bekommen, das wäre mir ein großer Trost. Habe sonst Kummer genug und der Vater auch.
Josef Kaufmann (Adeles) von Bezau lebt noch, er ist in russischer Gefangenschaft, er hat eine Karte geschrieben. Metzler August ist in Wien im Spital lebensgefährlich krank. Die Anna ist hinunter, er hat einen Leberschuß und Knieschuß und habe starkes Fieber. Semolars Bub ist ebenfalls in Wien mit Lungenschuß, ist aber auf Besserung. Micheles Kaspar ist am 7. Sept. in russische Gefangenschaft gekommen, er hat am 14. Sept. eine Karte aufgegeben und (diese) kam erst vor zirka 10 Tagen.
In Bezau ist Gallus Kaufmännlis Tone der älteste gefallen, man sagt auch Rudlers Brose und Kristars Thomas Tone.
Liebe Söhne, betet fleißig zur Mutter Gottes und zum hl. Schutzengel, damit sie euch beschützen und vertraut auf Gottes Hilfe und wir wollen euch täglich ins Gebet einschließen. Wir bringens bereits nicht übers Herz, daß der Lorenz nicht mehr heimkehrt, aber er wird halt eine schönere Heimat gefunden haben als diese Welt ist.
Lebt wohl und seid herzlich gegrüßt von der tiefbetrübten Mutter.
Anton Feurstein (Kristars Thomas Tone), August Metzler, Ambros Moosbrugger (Rudlers Brose)
Vorsäss Brand, 7.12.1914 – Nachbar Michael Felder an Alois und Pius Winkel
Liebe Nachbarn!
Die Karte von den Kosakentötern und eine von Pius habe ich erhalten besten Dank. Was ich vernommen habe müsst Ihr am 16.12. abreisen, ich wünsche Euch glückliche Reise. Die Landstürmer müssen was ich gehört habe schon am 6.1.1915 einrücken. Ich will gerne sehen wie es in 4 Tagen aus sieht, ich schreibe Euch von Bregenz dann eine Karte wie es mir gegangen ist. Wir sind alle gesund und munter was wir von Euch auch hoffen. Ich schließe mein Schreiben nebst vielen herzlichen Grüßen
von Ottil Kristin u. Michael Felder
Geschwister Michael Felder und Maria Christina Fitz, geb. Felder, Reuthe, Hof 1
Trient, 9.12.1914 – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe
Liebe Eltern!
Eure Briefe haben wir beide erhalten, und haben daraus vernommen, dass Ihr Westen aus Schafwolle für uns bestellt habt. Die Westen wären schon prächtig. Ich habe heute den Zugsführer gefragt, ob wir Pelzwesten und Leibbinden ausfassen, da sagt er: Leibbinden kriegen wir schon, aber von Pelzwesten wisse er nichts. Schicket daher die Westen; wenn wir dann allenfalls doch ausfassen, können wir sie ja wieder heimschicken.
Bezüglich des Zusammenkommens im Krieg könnt Ihr unbesorgt sein. Jedenfalls kommen wir ohne weiteres zusammen, da wir ja in der gleichen Compagnie sind. Und wenn es schon anders eingeteilt würde, kann ich es schon richten dass wir miteinander dürfen. Diese Bitte erfüllt man einem schon. Sonst brauch ich grad nichts, die Socken sind noch ganz, hab sie noch ganz wenig getragen. Einige Putzlappen hätte ich schon gern, zum Gewehr u. Knöpfe putzen. Wann wir fort müssen wissen wir noch nicht, das einemal sag man so, das anderemal wieder anders. Anfangs hieß es bis 16. Dezemb. marschbereit sein, aber das ist gar nicht möglich. Nach meiner Ansicht wird es schon noch Weihnachten bis wir fortkommen oder vielleicht noch mehr. Sonst haben wirs jetzt strenger als im Anfang.
Gestern an M. Empfängnis haben wir den ganzen Tag exerziert und am vorhergehenden Sonntag auch. Letzte Woche hatten wir eine Übung nach Perginn mit einem darauf folgenden Gefecht. Da hab ich fest gepulvert. Von Trient bis Perginn ist es etwa 3 Stund.
Lorenz ist auf den Bildern gut getroffen. Hat mich gefreut dass Ihr mir die Bildlein geschickt habt. Es ist eine schöne Erinnerung und ein Andenken an ihn. Die Nachrufe waren sehr schön.
Sonst sind wir Gott sei Dank immer gesund. Beim Metzger hat man uns schon wieder 2 Kilo Würst geschickt.
Der Josef Feuerstein v. Reuthe wird jedenfalls bald Heim kommen, er liegt jetzt im Spital, er hat sich überlupft. Morgen werden die Alten zum spielen kommen. Schreibt mir gleich was man in Reuthe genommen hat.
Nun schliesse ich mit den herzlichsten Grüßen an Euch Alle und verbleibe euer dankschuldiger Sohn Alois.
Reuthe Hof vor 1925 – mit Hausnummern
Trient, 16.12.1914 – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe
Liebe Eltern!
Mit Freuden haben wir heute Eure Sendung erhalten. Die Leibchen sind schon wunderbar u. warm; ich hab’s jetzt zum Briefschreiben an u. es wärmt besser als der ärarische Mantel. Im Krieg sind die schon prächtig wenn man ganze Tage lang auf dem nassen Boden liegen muss. Ich habe schon ein bisschen eine Ahnung wie angenehm und gesund es ist im Feld; denn am Montag mussten wir von morgens 4 Uhr bis Abends feldmäßig schießen, beim ärgsten Regen, so dass wir Abends bis auf die Haut naß waren. Dann konnten wir in den kalten Saal hineinliegen, u. Morgens wieder in die tropfnassen Kleider schlüpfen, u. wieder auf den gleichen Berg zum feldmäßig schießen. Pius war am anderen Tag schon marod, so dass er den zweiten Tag gar nicht mehr mitkonnte, u. ich habe mir einen zünftigen Husten und Katahr geholt. Heute ist Pius jedoch wieder munter.
Bezüglich des Abmarsches wissen wir noch gar nichts sicherer. Aber jeden falls geht es nicht mehr allzu lang. Den einen Tag sagt man so, den anderen wieder anders. Ausgerüstet sind wir noch nicht. Sobald ich etwas bestimmtes weiß, werde ich Euch benachrichtigen. Nach meiner Ansicht sind wir über Weihnachten schon noch hier.
Beim Göte hat man uns heute wieder geschrieben dass man uns ein kleines Weihnachtsgeschenk abgeschickt habe. Verhungern müssen wir amal nicht.
Nun schließe ich mit den herzlichsten Grüßen an Euch Alle u. verbleibe Euer dankschuldiger Sohn u. Bruder Alois.
Ebenfalls die besten Grüße v. Pius
Göte (Taufpate) Josef Alois Wüstner (Bruder der Mutter Anna Katharina)
Josef Alois Wüstner – 28.12.1962 bis 18.11.1948
Josef Alois Wüstner, geboren in Schnepfau, Boden -Taufpaten Martin Lässer, Kronenwirt in Schnepfau und Maria Anna Baurenhaus, geb. 9.2.1829, beide ledig – Metzgermeister – er kaufte 1897 das Haus Bezau, Brugg 33 – dort gestorben mit 86 Jahren. 2. Ehe mit 63 Jahren. Foto Metzgerei Wüstner um 1900: siehe Heimatbuch „Bezau“, 1995, von Meusburger Wilhelm, Seite 184
Trient, 18.12.1914 – Pius und Alois Winkel an die Eltern in Reuthe
Liebe Eltern!
Haben heute Eure werthe Sendung erhalten wofür wir Euch herzlich danken. Die Schafpelze die passen uns gut und freuen uns denn mit denen ist man gestellt nach Galizien. Die scharschen („Chargen“) sagten ja so was ist famos. Vom Göte haben wir schon ein Weihnachtsgeschenk bekommen Schokolade Zigarre Selchfleisch und Landjäger und Schweinsblasen.
Sind am 15. zur Marschkompagnie zugeteilt worden und werden jedenfalls die nächsten Tage ausgerüstet. Die erste Kopagnie wurde gestern mit Kleider und Schuhe versehen. Ein jeder bekam ein paar Winter unterhosen zwei paar Sommer Unterhosen zwei Sommer Hemden ein Winter Hemd und Socken. Aber Oberkleider bekommen nicht alle ganz neue aber doch zum aushalten drunten, will gerne sehen was wir für Ware bekommen. Sonst besondere Neuigkeiten weiß ich nicht viel als das der Ignaz sich zur Sanität gemeldet hat. Auch hat mir der Ignaz Wüstner Seiler meine Zivilkleider heim geschickt anstatt die seinen. Er schreibt jetzt heim und dann wird man Euch schon berichten oder es Euch bringen. Habe mit dem Feldmässig schießen verkühlt und bin zwei Tage marod gewesen und habe keinen obediet („Appetitt“) aber es wird schon wieder gehen. Wenn wir fort müssen so werden wahrscheinlich Koffern und alles nach Hause schicken was wir nicht brauchen. Nun schließe mein Schreiben und hoffe daß Euch der Brief gesund und munter antreffe vonEuren dankschuldigen Söhnen Pius und Alois
Trient, 29.12.1914 – Alois Winkel an die Eltern in Reuthe
Lb. Eltern u. Geschwister!
Vor allem anderen entbieten wir Euch Allen die aufrichtigsten Glücks- u. Segenswünsche zum neuen Jahre. Obwohl uns das neue Jahr dem gegenwärtigen Anschein nach nicht viel Gutes verspricht, so wollen wir doch vertrauensvoll in die Zukunft blicken, in der Hoffnung, es werde doch einmal wieder ein Ende machen und sich alles wieder zum Besseren wenden. Das alte Jahr hat uns wirklich arg heimgesucht. Etwas besseres dürfen wir vom Neuen mit Recht erwarten.
Unser Abmarsch hat sich noch ein wenig verzögert, sodaß wir jeden falls erst Morgen abdampfen. Sagen tut man einem nichts, bis zur letzten Stunde. Heute Morgen konnte die ganze Komp. zur hl Beichte gehen. Ich hatte das Glück dass ich in der Sakristei dem Geistlichen gegenüber offen, ohne Beichtstuhl beichten konnte. Er war ein netter Priester. Beim Abschied drückte er mir noch die Hand u. gratulierte mir noch für die Zukunft, u. lud mich ein, ihn zu besuchen wenn ich wieder zurück komme. Ich bin also vorbereitet, komme was kommen mag. Heute Nachmittag werden wir den Kriegseid leisten, u. dann kanns losgehen wanns will. Pelzwesten haben wir ausgefasst, u. wir werden unsere heimschicken. Vielleicht schicken wir die Koffer auch. Photographieren haben wir uns lassen u. die Bilder werden Euch u. Photographen per Nachnahme gesandt. Nun schließe ich, u. sage Euch ein letztes „Lebwohl“, u. verbleibe Euer dankschuldiger Sohn u. Bruder Alois.Von hier wird das wirkl. das letzte Schreiben sein.
31.12.1914 – Alois und Pius Winkel an die Eltern in Reuthe
Liebe Eltern!
Nun geht’s dahin. Diese Karte senden wir Euch von der Fahrt zwischen Innsbruck, Salzburg. Andermal mehr. Da wackelt alles. Lebt wohl! Herzliche Grüße Alois und Pius